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Silas (18) erzÀhlt von seinem Coming-out

Silas (18) erzÀhlt von seinem Coming-out

Silas/privat

​Das Coming-out bei meiner Mutter ist jetzt ĂŒber zwei Monate her. Dass ich schwul bin, habe ich erst mit etwa 14 Jahren gemerkt.

Der Entschluss mich zu outen kam schon einige Monate vor dem tatsÀchlichen Coming-out. Ich habe mir zu dieser Zeit auf YouTube sehr viele Videos zum Thema HomosexualitÀt angesehen und mich quasi selbst gebildet, da dieses Thema in bisher 12 Jahren Schule leider kein einziges Mal angesprochen wurde. Ich entwickelte mich durch die Videos von u.A. dem sehr hilfreichen Kanal jungsfragen persönlich weiter, wurde selbstbewusster und konnte es irgendwann sogar kaum mehr erwarten, bis die Wahrheit raus kommt. Als ich dann mit meiner Mutter durch die Stadt geschlendert bin, habe ich es ihr erzÀhlt. 

Es war so unglaublich schwer diese drei Worte ĂŒber meine Lippen fließen zu lassen, zwischen den SĂ€tzen "Ich muss dir was wichtiges sagen.." und "Ich bin schwul." war bestimmt eine Minute lang komplett Stille. 

Als ich es ausgesprochen hatte, sah mich meine Mutter erstmal unglĂ€ubig an, allerdings nicht angewidert sondern ĂŒberrascht. Sie nahm es zwar positiv darauf, musste aber erstmal eine Nacht drĂŒber schlafen, bevor sie die wirklich wichtigen Fragen raus bekam. 

Das Übliche - Ganz sicher? Wann hat du es gemerkt? Thema Heirat, Adoption usw. 

Es Ă€nderte sich zu keinem Zeitpunkt etwas an unserem VerhĂ€ltnis- meine Mutter steht nach wie vor hinter mir, liebt mich und ist stolz. Kurze Zeit spĂ€ter wollte ich mich dann aber auch bei meinen drei besten Freunden outen. Da ich bei meinem ersten Outing gesehen hatte, wie sehr meine Mum um Worte gerungen hat, entschied ich mich fĂŒrs die Bekanntgabe in unserer gemeinsamen WhatsApp Gruppe. Man kann nach dem Lesen der Nachricht erstmal kurz wieder die Fassung finden und seine Meinung in einen sinnvollen Text packen. 

Diese Entscheidung war goldrichtig: Alle meine engsten Freunde, sogar mein bester Freund, welcher politisch eher rechts ist, antworteten mit Texten, die einen zu TrĂ€nen rĂŒhren. Es war fĂŒr sie alle vollkommen okay und nach dem vorsichtigen Rantasten an das Thema in den ersten Tagen gingen wir schon bald alle sehr locker damit um. 

Bei meinem Vater ist das ein etwas anderes Thema, denn meine Eltern sind seit meinem ersten Lebensjahr getrennt. 

Ich sehe ihn zwar nur jedes zweite Wochenende, habe aber dennoch ein relativ gutes VerhĂ€ltnis zu ihm. Neben meinem Mitte 20-jĂ€hrigen Halbbruder (welcher noch bei seiner Mutter wohnt und noch nie eine Freundin hatte, ist aber trotzdem ein sehr netter Kerl) bin ich fĂŒr ihn die einzige Hoffnung auf Enkel, die er sich wirklich wĂŒnscht. Er spricht mich oft darauf an, dass ich doch in der Verantwortung bin, mal fĂŒr Enkel zu sorgen.

Coming-out-Geschichten

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Dazu kommt noch folgendes Ereignis: Mein Vater hat sich wiedermal ĂŒber meinen Halbbruder aufgeregt und dann eben auch erwĂ€hnt, dass dieser noch keine Freundin hatte. Meine Tante war auch dabei und warf ein, es könnte doch sein, dass er schwul ist. Darauf machte mein Vater ein etwas enttĂ€uschtes Gesicht und meinte: „Eigentlich mĂŒsste es mir ja nichts aus machen.“ Die Worte 'eigentlich' und 'mĂŒsste' haben mich dann zum Entschluss gefĂŒhrt, es ihm vorerst noch nicht zu sagen.

Wenn ich in einem halben Jahr meine eigene Wohnung habe, mein duales Studium anfange und somit auch finanziell auf eigenen Beinen stehe, werde ich mich dennoch auch bei ihm outen. Sollte er dann negativ reagieren, wird es mich wenigstens nicht allzu hart treffen. 

Fazit: Sich zu outen ist enorm befreiend, man ist die ganzen NotlĂŒgen und die stĂ€ndige Sorge um ein versehentliches Coming-out los. 

Wenn ihr bereit dafĂŒr seid, tut es! Ihr werdet euch danach in jedem Fall auf lange Sicht besser fĂŒhlen. Falls ihr die Gefahr seht, zu Hause rausgeschmissen zu werden oder Ähnliches, dann wartet dennoch lieber, bis ihr komplett auf eigenen Beinen steht.

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