Hoher Mitarbeiter: Coming-out im Vatikan

Der 43-jÀhrige hohe Mitarbeiter des Vatikans, Krzysztof Charamsa, hat sich als schwul geoutet. Der Pole ist unter anderem Theologie-Professor an einer pÀpstlichen UniversitÀt. Er stellt zehn Forderungen an den Vatikan zum Umgang mit HomosexualitÀt.
Am Freitagabend hat sich Krzysztof Charamsa in mehreren Interviews als schwul geoutet. Der 43-JĂ€hrige ist ranghoher Mitarbeiter des Vatikans. Er ist stellvertretender SekretĂ€r der Internationalen Theologischen Kommission, Theologie-Professor an der pĂ€pstlichen UniversitĂ€t Gregoriana in Rom sowie FunktionĂ€r der Kongregation fĂŒr die Glaubenslehre.Â
Krzysztof Charamsa ist der bisher ranghöchste Vatikan-Mitarbeiter, der sich geoutet hat. Einer polnischen Zeitung sagte er: "Ich heiĂe Monsignore Krzysztof Charamsa. Ich bin ein FunktionĂ€r der Kongregation fĂŒr die Glaubenslehre, zweiter SekretĂ€r der Internationalen Theologischen Kommission, Theologe, Lehrer. Und ich bin schwul."
10 Forderungen statt 10 Gebote
Der 43-JĂ€hrige Theologie fordert, "dass die Kirche Homosexuelle ernst nimmt und uns auf Augenhöhe behandelt. Die Stigmatisierung muss ein Ende haben." Der polnischen Ausgabe von "Newsweek" sagte er auĂerdem, dass viele Priester in der Kirche schwul wĂ€ren.
Charamsa hat einen Partner namens Eduard, der sein Coming-out unterstĂŒzt. Zusammen mit seinem Bekenntnis zur HomosexualitĂ€t veröffentlichte er zehn Forderungen an die Kirche zum Umgang mit Schwulen und Lesben:
1. Es muss Schluà sein mit Homophobie und LGBTI-Diskriminierung durch den Vatikan
2. Die Strafbarkeit von HomosexualitÀt soll durch die Kirche offiziell verdammt werden
3. Die Kirche darf sich nicht mehr in demokratische, gesetzgeberische Prozesse von Staaten einmischen
4. Der Papst muss im Katechismus all die Stellen ĂŒberarbeiten lassen, die zu Diskriminierung von Homosexuellen genutzt werden und dem grundsĂ€tzlichen Gebot des MitgefĂŒhls mit ihnen entgegenstehen
5. Die Passagen, die dazu fĂŒhren, dass offen schwule MĂ€nner nicht Priester werden dĂŒrfen, mĂŒssen sofort gestrichen werden
6. Ein interdiziplinĂ€rer Diskurs ĂŒber die moralische Bewertung menschlicher SexualitĂ€t muss begonnen werden
7. Eine Revision der interpretatorischen Vorgaben fĂŒr die Stellen in der Bibel, die sich mit HomosexualitĂ€t beschĂ€ftigen
8. Die Eröffnung eines ökumenischen Dialogs mit den protestantischen und anglikanischen Kirchen ĂŒber HomosexualitĂ€t
9. Die Kirche muss um Vergebung fĂŒr ihre Taten gegen Homosexuelle bitten
10. Die Kirche muss die Verschiedenheit menschlicher SexualitÀt und die Verschiedenheit der GlÀubigen anerkennen und muss ihre Vorstellungen davon, wie SexualitÀt innerhalb eines christlichen Lebens zu beurteilen ist, aufgeben.

Am Sonntag beginnt die Familiensynode
FĂŒr Samstagmittag hat Charamsa eine Pressekonferenz im Vatikan angekĂŒndigt. Eine offizielle Stellungnahme der Kirche liegt bislang nicht vor. Der Theologe ist sich bewusst, welche Konsequenzen sein Coming-out wahrscheinlich haben wird. "Zu meinem groĂen Leid ist es wahrscheinlich, dass ich nicht mehr in einer katholischen Einrichtung unterrichten werden kann", sagte er der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera". Trotzdem geht er diesen Schritt. "Ich möchte, dass die Kirche und meine Gemeinschaft erfahren, wer ich bin: Ein schwuler Priester, mit einem Partner, glĂŒcklich und stolz auf die eigene IdentitĂ€t."
Besonders in Zusammenhang mit der Familiensynode, bei der ĂŒber das VerhĂ€ltnis der Kirche zu Partnerschaft und SexualitĂ€t diskutiert wird, ist das Coming-out von groĂer Bedeutung. Die Synode beginnt am Sonntag, womöglich ĂŒberschattet von Charamsas Forderungen.
Vatikansprecher: Charamsa kann nicht weiter arbeiten
Der Vatikansprecher Federico Lombardi hat italienischen Medien gesagt, dass Krzysztof Charamsa Respekt verdiene. Dennoch werde er nicht weiter fĂŒr den Vatikan arbeiten können. "Mit Sicherheit kann Monsignore Charamsa seine frĂŒheren TĂ€tigkeiten bei der Glaubenskongregration und an den pĂ€pstlichen UniversitĂ€ten nicht fortsetzen", sagte er. AuĂerdem halte er es fĂŒr "unverantwortlich", mit dieser "sensationellen ErklĂ€rung am Vorabend der Eröffnung der Synode" die Versammlung der Bischöfe "ungerechtfertigtem Mediendruck" auszusetzen.
Hinweis: Zuletzt aktualisiert am 3.10.2015, 12:50 Uhr.