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dbna'ler des Monats

dbnaler des Monats: Fabian (18) aus Gießen

Von Fabian
dbnaler des Monats: Fabian (18) aus Gießen

Fabian

Der Schüler macht gerade sein Abi an einem katholischen Privatgymnasium. Das klingt konservativer, als es wirklich ist, erzählt er. In einer anderen christlichen Gruppe hat er jedoch schlechte Erfahrungen gemacht. Viel besser hat es ihm dafür in einer queeren Jugendgruppe gefallen.

Fabian, wie ist es, als schwuler Jugendlicher auf ein katholisches Privatgymnasium zu gehen?

Dass es eine katholische Schule ist, merkt man nicht an den Leuten. Die Schüler sind total normal, da sind auch viele Atheisten dabei mich eingeschlossen die nicht so viel mit Gott am Hut haben. Man merkt es eher an der Ausrichtung: Einmal im Monat müssen wir einen Gottesdienst besuchen, aber das nehmen wir heute nicht mehr so ernst. In der Unter- und Mittelstufe haben wir noch vor der ersten Stunde gebetet.

Bist du in der Schule geoutet?

Ich habe mich schon sehr früh sehr anders gefühlt. Andere werden dann schweigsam, aber ich hatte einen Mitteilungsdrang. So mit 15, 16 habe ich das einigen Freundinnen erzählt. Und wie das so ist, spricht sich das eben herum. Ich war mir nicht sicher, wie das ankommt, aber alle haben es echt gut aufgenommen. Oft höre ich, dass das bei anderen ein längerer Prozess ist, aber ich habe das so gespürt, wie es sein sollte. Ich habe die Gesellschaft in ihrer toleranten Art erlebt.

Hast du irgendwo auch schlechte Erfahrungen gemacht?

In der Mittelstufe habe ich ein Mädchen kennengelernt, über die ich zu einer freien Gemeinde gekommen bin. Das war die Jugendgruppe einer sehr fundamentalistischen Freikirche und da habe ich nicht so positive Erfahrungen gemacht. Ich hatte ja nie so viel mit Gott zu tun, aber ich habe in der Gruppe Freunde gefunden, da macht man ja auch Ausflüge und so. Da war auch ein anderer Typ, etwa Ende 20, der auch homosexuell ist. Das war mein erster richtiger Kontakt, mit dem ich mich darüber austauschen konnte. Dann hatte er seinen ersten Freund und musste deshalb aus der Gemeinde austreten. Er war kein offizielles Mitglied der Gemeinde mehr.

Wie hat sich das für dich angefühlt?

Das war das erste Mal, dass ich dachte: Oh Gott, wie die mit ihm umgegangen sind, hat mir nicht gepasst. Da habe ich angefangen, das Ganze zu hinterfragen, und mich auch dort zu outen. Und die haben eben nicht so gut reagiert wie in der Schule oder meiner Familie. Von den Gesprächen habe ich mir zum Beispiel erhofft, dass sie sagen, wie ich das ausleben kann, ohne dass es eine Sünde ist. Aber ein Mädchen hat mir dort gesagt, dass sie es wegen ihres Glaubens einfach nicht akzeptieren kann, aber dass sie es toleriert. Mit solchen Leuten kann ich aber nicht befreundet sein. Bei einer Andacht hat einmal jemand mit Anfang 20 erklärt, wieso Homosexualität nicht okay ist.

"Es ist einfach die perfekte Freundschaft, und ich bin so froh, sie zu haben", sagt Fabian über seine beste Freundin Franzi.
"Es ist einfach die perfekte Freundschaft, und ich bin so froh, sie zu haben", sagt Fabian über seine beste Freundin Franzi.

Fabian

Wie hast du darauf reagiert?

Ich habe dann gesagt, dass ich gehe, weil ich es blöd fand, wie die Gemeinde mit dem anderen Schwulen umgegangen sind. Ich fühlte mich einfach nicht wohl in einer Gruppe, die mich nicht so akzeptiert, wie ich bin. Seitdem hatte ich auch keinen Kontakt mehr zu ihnen.

Hast du dir stattdessen eine andere Jugendgruppe gesucht?

Ja, ich bin dann ins queere Jugendzentrum KUSS41 in Frankfurt gegangen. Das war ganz anders da, weil ich mich ja eh nie so mit dem Glauben identifiziert habe. Meine Zeit dort war viel besser. Da können alle hinkommen, so wie sie sind. Ich bin ein Stückweit dort aufgewachsen, ein Jahr lang bin ich dort hingegangen.

Viele Jugendliche sind ja beim ersten Mal in einer queeren Jugendgruppe aufgeregt. Wie war das bei dir?

Es gibt im KUSS41 auch Einsteigertreffen, aber das habe ich erst später erfahren (lacht). Ich bin ganz spontan an einem Dienstag dahingefahren, weil ich davon im Internet gelesen habe. Ich habe mich einfach alleine in den Zug nach Frankfurt gesetzt. Ich hatte natürlich ein bisschen Panik, weil ich durch die Fenster schon so viele Leute gesehen habe. Es war sehr aufregend und wirklich eine meiner schönsten Erinnerungen, weil alle so offen und lieb waren. Beim zweiten Mal dort wurde ich direkt umarmt, das ist fast wie eine Familie gewesen.


Hast du auch schlechte Erfahrungen in der Szene gemacht?

Letztes Jahr beim CSD gab es oft Situationen, wo ich mich objektiviert gefühlt habe. Wenn man auf einer Feier von sehr alten Leuten angetanzt wird, ohne dass man irgendein Zeichen gegeben hat. Manche ziehen einen da mit ihren Blicken schon aus. So eine Erfahrung habe ich nie gemacht und ich war total schockiert. Ich habe mit meinen Freundinnen darüber geredet und die meinten, dass ihnen das ständig passiert. Für mich war das natürlich ein radikaler Wechsel von der freikirchlichen Gruppe (lacht). Ich habe aber mittlerweile gecheckt, dass es einige Menschen gibt, die sich bezüglich solcher Dinge nicht zurückhalten können.

Fabian freut sich aufs Studium: "Ein neues Umfeld, neue Leute, ich freue mich total auf den Neubeginn."
Fabian freut sich aufs Studium: "Ein neues Umfeld, neue Leute, ich freue mich total auf den Neubeginn."

Fabian

Du bist noch nicht lange 18 und hast nach deinem Abi sicher viel zu feiern. Hast du vor, dann auch auf schwule Partys zu gehen?

Das habe ich auf jeden Fall vor. Ich habe von vielen Leuten echt coole Sachen gehört. Bisher war ich in Frankfurt mit Freunden aus dem KUSS41 nur in Bars. Da sind auch immer eher ältere Leute, aber ich hatte trotzdem eine gute Zeit dort und lustige Gespräche. Und dann steht dieses Jahr auch wieder der CSD an.

Von Gießen nach Frankfurt ist es ja doch ein Stück. Was haben deine Eltern dazu gesagt?

Bei meiner Mutter habe ich mich schon mit 16 geoutet. Sie hat mich immer unterstützt, nach Frankfurt zu fahren. Sie hat immer total offen mit mir über alles geredet, deshalb wusste ich, dass es bei ihr keine Probleme gibt. Bei meinem Vater hatte ich mehr Bedenken. Er hat irgendwann gefragt, wieso ich so oft nach Frankfurt fahre. Aber auch bei ihm gab es keine Probleme. Er ist sogar einmal zu einem Elternabend im KUSS41 gegangen, um sich zu informieren. Das war süß.

Hast du im KUSS41 auch deinen ersten Freund kennengelernt?

Ich dachte immer, dass man Leute nur online kennenlernen kann. Aber meinen ersten Freund habe ich mit 16 über eine Freundin kennengelernt. Wir waren eine kurze Zeit im Sommer zusammen. Dann habe ich gemerkt, dass es nicht so geklappt hat. Ich habe mich damals einfach gefreut, einen anderen Schwulen zu treffen, und dachte mir: Jetzt ist es Zeit für eine Jugendliebe und Beziehung. Aber charakterlich hat es einfach nicht gepasst und ich habe ihn abgeschossen. Im Nachhinein betrachtet war das wirklich nicht so cool von mir, eine Beziehung einzugehen, ohne nachgedacht zu haben. Das hätte viel Leid erspart, und gerade am Ende bin ich nicht nett zu ihm gewesen. Das war einer der schwerwiegendsten Fehler, die ich begangen habe, weil ich mich nur um mich selbst gedreht habe.

Hast du ihm das noch gesagt?

Nein, ich habe nicht mehr mit ihm geredet. Aber ich sehe ihn bald wieder, weil wir beide bei einem Geburtstag eingeladen sind. Er hat auch einen neuen Freund, weshalb das hoffentlich entspannter wird. Ich würde ihm gerne sagen, dass das damals nicht richtig war. Die Einsicht liegt wohl am Älterwerden: Wenn ich so über mein 16-jähriges Ich nachdenke, dann frage ich mich, was ich damals eigentlich gemacht habe. Das war nicht die Person, die ich heute bin.

In einer Freikirche hat er schlechte Erfahrungen gemacht: "Ein Mädchen hat gesagt, dass sie es wegen ihres Glaubens einfach nicht akzeptieren kann."
In einer Freikirche hat er schlechte Erfahrungen gemacht: "Ein Mädchen hat gesagt, dass sie es wegen ihres Glaubens einfach nicht akzeptieren kann."

Fabian

Wie war deine zweite Beziehung?

Den habe ich im KUSS41 kennengelernt. Er hat Ende 2016 mit mir Schluss gemacht, weil er meinte, es passe nicht so. Er fand mich zu kindisch, anhänglich und überheblich. Mit dem Ende der Beziehung ging es mir nicht so gut, aber wenn mich jemand nicht so nimmt wie ich bin, bringt es auch nichts.

Freust du dich deshalb umso mehr auf den neuen Lebensabschnitt nach dem Abi?

Ja, total. Ein neues Umfeld, neue Leute, ich freue mich total auf den Neubeginn. Ich habe keine Lust mehr auf den Alltag hier. Nach dem Abi werden wir endlich ins Leben gelassen und ich hoffe, das alles gut organisiert zu bekommen. Aber das haben ja schon viele vor mir geschafft (lacht). Ich will in Berlin Biologie studieren. Ich war mit meiner besten Freundin schon einmal dort und es hat mir mega gut gefallen und es soll auch eine schöne Szene geben. Außerdem ist die Uni, die ich mir ausgesucht habe, sehr gut für Biologie. Ich hoffe, da angenommen zu werden. Das ist wirklich das, was mich am meisten interessiert. Alleine die Möglichkeiten, die man heute hat, und was wir alles wissen. Genetik und Evolutionwie sich die Welt entwickelt hat, finde ich sehr spannend.

Gibt es denn einen Menschen, der dir besonders wichtig ist?

Eindeutig meine beste Freundin Franzi. Wir haben uns mit neun bei einem Zirkus-Camp kennengelernt. Und obwohl sie in Hannover wohnt, schaffen wir es immer wieder, uns zu sehen, und wir telefonieren oft. Sie war bei all dem, was ich hier erzählt habe, immer dabei und hat mich stundenlang am Telefon beraten. Bei ihr habe ich mich auch zuallererst geoutet. Als ich so mit 14 meine ersten Verdächte hatte, dass mir Jungs gefallen, wusste sie das sofort. Es ist einfach die perfekte Freundschaft, und ich bin so froh, sie zu haben. Ich weiß, dass das nicht selbstverständlich ist und dass sich viele Leute so eine Freundschaft wünschen.

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