Alican (19) aus Dortmund

Alican (19) aus Dortmund spricht über seine Religion, sein Coming-out und seine Eltern. Der dbna'ler des Monats Mai 2012.
Alican: Für mich bedeutet meine Religion nichts, denn immerhin steht im Koran, dass ich sterben werde, wenn ich homosexuell bin; würde ich also an Gott glauben, wenn dann wäre ich lange tot. Für meine Familie ist unsere Religion wichtig, weil sie sich immer wünschen, dass ich oder mein Bruder Kinder bekommen, obwohl das bei mir nichts wird.
Die Hauptströmungen des Islams stehen Homosexualität stark ablehnend gegenüber. Wie gehst Du damit um?
Alican: Ich gehe so damit um, dass ich keinem anderen Moslem davon erzähle, den ich nicht sehr gut kenne. Ich wohne selbst in ein Viertel, in dem sehr viele Moslems leben. Ich zeige also nicht offen, dass ich schwul bin. Ich weiß, das ist schwer, wenn ich mal einen Freund habe, aber es geht.

Alican: Vor etwa zehn Jahren habe ich herausgefunden, dass ich schwul bin. Ich und ein Nachbar hatten eine Phase, in der wir vieles ausprobieren wollten, und nun ja, ich und er haben es ausprobiert und mir hat es sofort gefallen. So habe ich herausgefunden, dass ich schwul bin. Mein Nachbar ist heterosexuell geblieben mit der Begründung, dass es nicht so sein Ding sei.
Wie war die Reaktion deiner Eltern, als du dich geoutet hast?
Alican: Naja ich selbst habe mich nicht geoutet, sondern das war eine Nachbarin. Erst waren meine Eltern sehr schockiert und meinten, dass ich zum Psychiater deswegen muss. Das hat mich wiederum geschockt und ich bin dann für drei Stunden, im Winter nur mit einem T-Shirt und einer kurzen Hose bekleidet, von Zuhause weggelaufen. Nachdem ich dann aber nach Hause zurückgekommen bin, haben meine Eltern nicht mit mir geredet .
Wie ist das Verhältnis zu deiner Eltern im Moment?
Alican: Im Moment ist es eigentlich gut, weil sie das Thema nicht mehr anschneiden. Manchmal meckern aber meine Eltern deswegen herum, ich solle nicht so oft mit Schwulen unterwegs sein und so weiter, aber da höre ich nicht mehr zu.

Wer weiß außer deinen Eltern in eurer Familie noch von deiner Homosexualität?
Alican: Von meiner Familie wissen das nur meine Eltern, Geschwister und meine Oma. Meine Eltern wollen nicht, dass es in der Familie sich weiter verbreitet, weil sonst meine Tanten, Onkel etc. sehr enttäuscht wären. Ich habe auch keine Ahnung, was sie sonst machen würden. Ich will das auch gar nicht wissen und darüber nachdenken.
Hat es bisher einen Unterschied gemacht, ob du dich bei türkischen oder deutschen Freunden geoutet hast?
Alican: Ich habe mich bei allen geoutet. Es wissen nur fünf türkische Freunde von mir, dass ich schwul bin und das soll sich auch nicht verbreiten, weil es gefährlich ist, mich hier in der Gegend zu outen. Bei mir hier wohnen viele Kriminelle, das sind wirklich sehr viele und die sind noch dazu Türken. Das wäre dann nicht nur für mich gefährlich, sondern auch für meine Familie. Ansonsten haben das alle meine Freunde akzeptiert und haben es positiv aufgenommen. Es gab keinen Unterschied bei der Reaktion.
Ein Blick in die Zukunft: Wie stellst du dir dein Leben in zehn Jahren vor?
Alican: Ich stelle mir vor, dass ich irgendwann einen festen Freund habe. Außerdem möchte ich sehr gerne mein eigenes Restaurant oder ein Hotel eröffnen, damit ich mein eigenes Geschäft habe und auf eigenen Beinen stehe.

Was darf für dich denn in einer Beziehung niemals vorkommen?
Alican: Mein Partner dürfte mich nicht ausnutzten, auch nicht sexuell. Er darf mir auf keinen Fall körperlich oder seelisch wehtun. Safer Sex ist absolut Pflicht. Außerdem müsste er mit meinen Freunden gut umgehen, weil meine Freunde das wichtigste in meinem Leben sind! Wenn er sie schlecht macht, geht das echt gar nicht!
Hast du einen "Traummann"? Wenn ja, wie sieht dieser aus?
Alican: Eigentlich habe ich keine Beschreibung für meinen Traummann. Er sollte halt so sein, wie er ist und muss mir einfach gefallen. Er sollte mich auch so akzeptieren, wie ich bin. Ich habe einige Macken, aber wer hat das nicht? Er sollte offen und halt immer für mich da sein. Ich habe in meinem Leben schon viele Fehler und schlimme Dinge mitgemacht. Aber ich habe nicht aufgegeben, weiter zu suchen!
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