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Wie queer sind Kommunalwahlen?

Wie queer sind Kommunalwahlen?

Stefan Zoll

Kurz vor den Kommunalwahlen in Hessen am 14.03.2021 stellt sich auch queeren Menschen die Frage, wo ihre Kreuzchen an der bestmöglichsten Stelle aufgehoben ist. Doch welche Möglichkeiten hat Kommunalpolitik überhaupt, die Lebensrealität von schwulen, bisexuellen und sonstigen queeren Menschen zu verbessern?

Bei der Kommunalwahl werden in einem Rhythmus von mehreren Jahren Vertreter_innen gewählt, die die Interessen der Einwohnenden einer Stadt, Gemeinde oder eines Landkreises vertreten sollen. Dabei stehen oft Themen wie die Verkehrs-, Bildungs- und Wohnraumpolitik im Zentrum des Wahlkampfs. Aber lässt sich auf kommunaler Ebene sinnvoll Queerpolitik gestalten?

Jugendarbeit, Regenbogenfahnen, Partnerstädte & Co.

Bei “Queerpolitik” denkt man häufig zuerst an den Bundestag und die damit verbundenen rechtlichen Errungenschaften wie die Ehe für Alle oder die Entschädigung von Opfern des §175 StGB. Doch auf kommunaler Ebene lässt sich auch viel erreichen. Da beispielsweise die Jugendarbeit Sache der Kommune ist, lässt sich hier ein deutlich besserer Umgang mit den Problemen von queeren Jugendlichen fordern.

Laut Antidiskrimierungsstelle des Bundes geben 94% der befragten Personen an, in den letzten 12 Monaten abfällige Bemerkungen über LSBT*IQ oder Schimpfwörter unter Schüler_innen mitbekommen zu haben. Jede achte befragte Lehrkraft gab 2017 sogar an, mindestens einmal körperliche Gewalt gegenüber LSBT*IQ-Personen beobachtet zu haben. Um die Ursachen zu bekämpfen, gibt es bereits ehrenamtliche Antidiskriminierungs- und Bildungsprojekte wie zum Beispiel SCHLAU - doch diese nur vereinzelt und lokal.

Weitere für die Kommunalpolitik interessante Themenfelder sind fortlaufende finanzielle Unterstützungen durch die Stadt, queere Zentren, LSBT*IQ Flüchtlingsarbeit und die Verwendung von diskriminierungsfreier Sprache in offiziellen Veröffentlichungen. Doch es muss auch nicht unbedingt viel Geld in die Hand genommen werden um für queere Sichtbarkeit zu sorgen: eine Regenbogenfahne zu besonderen Anlässen wie dem Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Trans*feindlichkeit am 17. Mai kann auch einiges erreichen.

Queere Forderungen an die Kommunalpolitik können auch grenzüberschreitend effektiv sein. In einigen EU-Ländern wie Polen und Ungarn kommen auch aus der Politik queerfeindliche Impulse. Bei einer Städtepartnerschaft mit einer sogenannten “LSBT-ideologiefreien Zone” kann von Kommunalpolitiker_innen aktiv ein Austausch gesucht werden um solche Missstände nicht unbeachtet zu lassen.

Sind wir nicht bereits am Ziel angekommen?

Die gesetzlichen Voraussetzungen für viele queere Menschen sehen bereits deutlich besser aus als noch vor einigen Jahrzehnten. Das lässt sich über die Rechte von trans* oder inter Menschen speziell leider nicht behaupten. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz für alle queeren Menschen lässt noch weiterhin zu wünschen übrig.

Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte fand in einer Studie heraus: die Hälfte der in Deutschland lebenden gleichgeschlechtlichen Paare meidet es, in der Öffentlichkeit mit dem Partner Händchen zu halten. Queere Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen zu unterstützen und auch das öffentliche Bekennen von Farbe und Vielfalt kann dabei helfen, dies zu ändern.

Wie entscheide ich mich?

Bei Kommunalwahlen stehen oft lokale Themen im Vordergrund der Debatte. Die großen politischen Fragen spielen meist eine untergeordnete Rolle. Daher treten auch oft lokale Wähler_innenvereinigungen zu den Kommunalwahlen an. Um den Überblick zu bekommen, wer deine Interessen am besten vertritt, lohnt sich ein Blick in die Wahlprogramme der teilnehmenden Parteien.

Zusätzlich werden oft von verschiedenen Organisationen sogenannte Wahlprüfsteine veröffentlicht. Anhand dieser kannst du dir die Positionen der Parteien zu ausgewählten Forderungen und Positionen übersichtlich ansehen. Hessenweit lässt sich mit dem Kommunalwahlkompass ein erster Überblick darüber erhalten, wie Parteien zur Diskriminierungsfreiheit stehen in Fragen wie der gendergerechten Sprache oder paritätischen Besetzung von Ämtern. Zusätzlich existieren in einzelnen weiteren Städten, wie zum Beispiel Darmstadt, stadtspezifische queere Forderungen.

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