Leben

Tabubruch in Marokko

Von DBNA Team
Tabubruch in Marokko
Mithly, Istockphoto.com

Im Verborgenen wuchs etwas, das nun als Fortschritt, Quantensprung, ja gar als Revolution in der homosexuellen Szene Marokkos gefeiert wird: "Milthy" (übersetzt: "schwul") das erste Magazin für Homosexuelle erscheint seit April 2010 – und wird angefeindet.

"Mithly" - ein kleines Wort mit großer Sprengkraft. Im deutschsprachigen Raum würde es schlicht "schwul" heißen. "Mithly" ist Marokkos erstes Magazin für Homosexuelle und auch in der gesamten arabischsprachigen Welt bisher einmalig.

Geheimhaltung wegen Bedrohung

Dass es dazu kommen konnte, lag vor allem an der Geheimhaltung der Verantwortlichen. In der Vorbereitungsphase traf sich ein gutes Dutzend Journalisten in verborgenen Winkel Rabats, Marokkos Hauptstadt, und entwickelten gemeinsam ein Konzept, um das heikle Thema öffentlich machen zu können. Ständig war man dabei von der religiös-konservativen Staatsmacht bedroht, die aber letztlich doch nicht mehr einschreiten konnte.

Die erste Ausgabe mit 19 Seiten und einer Auflage von 200 Exemplaren ging im April in den Druck und wurde gleich in der Szene hochgelobt: Fortschritt, Quantensprung, gar Revolution verbindet die marokkanische Szene mit der Publikation.

 Jedoch: Der Druck geschah im Geheimen, ebenso wie die Verbreitung, die eigentlich "illegal" war. Anders wäre diese erste Möglichkeit für Schwule und Lesben Marokkos, ein Eigenbild zu präsentieren, gar nicht denkbar. "Was man bis heute in den Zeitungen liest, ist zutiefst beleidigend. Mit Mithly wollen wir unseren Standpunkt darstellen", so der "Mithly"-Autor Mourad*.
Netzauftritt von "Mithly"
Netzauftritt von "Mithly"
Mithly
Bis zu drei Jahre Gefängnis

Ansonsten gilt für Marokko, was für den gesamten islamischen Kulturkreis (dbna berichtete) gilt: Homosexualität ist ein Tabuthema, das nichts im Alltag zu suchen hat. Männerliebe ist Sünde und der Schwule eine Schande für die gesamte Familie. Darüber hinaus muss jeder Schwule mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen, da in Marokko Homosexualität als Straftatbestand gilt.

Dementsprechend klingen auch die Angriffe der offiziellen Medien des Landes. Aufhetzende Leitartikel transportiert die Zeitung "Attajdid": "Die Behörden müssen die Zeitung verbieten. Sie schadet den islamischen Werten der marokkanischen Gesellschaft."

Hoffnungsschimmer für die Szene

Der Staatsapparat ging bisher noch nicht gegen "Mithly" vor. Doch das könnte nur eine Frage der Zeit sein. Die Angst bei den Journalisten ist groß wie auch in der Szene selbst. Dementsprechend hängen aber auch nicht wenige Hoffnungen an der Publikation wie die Aussage des 23jährigen schwulen Studenten Amine* beweist: "Es zeigt, dass sich die Dinge langsam verändern."

*Pseudonym zum Schutz gegen Übergriffe
Weitere Quellen: Zeit.de

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