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"Sind Sie schwul?"

Von DBNA Team
"Sind Sie schwul?"
ISO K° - photography - Fotolia.com

Darf bei der Musterung gefragt werden, ob der junge Mann, der auf seine Tauglichkeit untersucht wird, homo- oder bisexuell orientiert ist? Mark* hat diese Frage unseren Musterungsexperten Niko gestellt.

Mark*:

"Liebes dbna-Team,

danke für den interessanten Artikel zur Musterung. Ich habe eine weitere Frage, die über die körperliche (Intim-)untersuchung hinausgeht.

Bei meiner eigenen Musterung, die nun fast 3 Jahre zurückliegt, wurde mir von einem Arzt die Frage gestellt, ob ich homo- oder bisexuell sei. Meine Frage: Darf er das überhaupt und inwieweit hat dies etwas mit meiner Tauglichkeit bzw. Eignung für den Dienst bei der Bundeswehr zu tun?
Vielleicht könnt Ihr mir in dieser Sache behilflich sein."

Musterungsexperte Niko sagt hierzu:

Zu früheren Zeiten wurden homosexuelle Männer tatsächlich durch die Homosexualität bedingt ausgemustert. Das ging je nach Kreiswehrersatzamt und je nach Arzt zum Teil sogar ein ganz schönes Stück bis in die 1990er. Nach Ansicht der Kreiswehrersatzämter und der Bundeswehr sowie Teile der der Bevölkerung war die Wehpflicht und die Bundeswehr nur etwas für "richtige" Männer. Schwule gehörten da für diese Leute nicht dazu. Anfang der 80iger Jahre gab es um einen angeblichen schwulen Bundeswehrgeneral sogar einen großen Skandal.
Ladung zur Musterung
Ladung zur Musterung
dbna
Ausgemustert wurden Schwule  meist trotzdem nicht gleich. Die Musterungen und die vielen Nachmusterungen wurden oft zur Tortur. Ein psychologisches Gutachten folgte dem anderen. Es wurde angezweifelt, dass alle Angaben des jungen Mannes richtig sind oder die Fähigkeit des Psychologen wurde in Frage gestellt. Das war ein sehr langwieriger und quälender Prozess.

Doch: Unser Grundgesetz schreibt dem Staat die Gleichstellung aller Bürger vor. Darum wird man heute aufgrund seiner Homosexualität nicht mehr ausgemustert. Das wäre allen schwulen Männern, die Wehr- oder Zivildienst leisten möchten, gegenüber ungerecht. Auch gegenüber heterosexuellen Männern, die keinen Wehr- oder Zivildienst leisten möchten, aber es dennoch müssen, wäre das eine nichtzurechtfertigende Ungleichbehandlung.

Somit ist es heute und war es auch schon vor drei Jahren nicht (mehr) zulässig, einen Mann nach seiner sexuellen Orientierung zu fragen. Diese Frage dient nämlich eindeutig _nicht_ der Feststellung der Wehrpflicht.

Mir ist derzeit nur ein Fall aus Baden-Württemberg bekannt, indem es einem schwulen jungen Mann in neuerer Zeit indirekt aufgrund seiner Orientierung gelang, das Kreiswehrersatzamt von einer Ausmusterung zu überzeugen. Er zeigte sich von seiner femininsten Seite und erzählte und beschrieb ausführlich, warum er kein Leid sehen könne. Somit könne er keine alten Menschen oder ähnliches pflegen, da ihn das psychisch zerfresse, und der Dienst an der Waffe mache ihm genauso zu schaffen, weil das eigentlich dazu diene, Menschen zu töten. Ein psychologisches Gutachten führte dann zur Ausmusterung. Jedoch war eher weniger seine Homosexualität der Grund für die Ausmusterung, sondern eher seine gut gespielte psychisch instabile Lage. Vielleicht mag die Homosexualität die Wirkung des Schauspiels verstärkt haben.

Die Homosexualität hat er natürlich freiwillig und ohne vorherige Nachfrage angegeben, denn die Frage danach ist ja nicht zu lässig. Bei der Frage hätte man also einfach mit "Nein. Das geht Sie gar nichts an." oder mit "Warum glauben Sie, dass Sie so etwas zu interessieren hat?" antworten können oder eben auch irgendwelche falschen Angaben machen können.

Es gibt noch einen Fall, bei dem der noch relativ junge Arzt diese Frage bei der Intimuntersuchung (!!!) stellte. Der junge Mann war zwar nicht homosexuell orientiert, aber er hat dennoch mit einem "Das geht Sie doch nichts an!" geantwortet.

Es besteht die Möglichkeit, sich über diese unzulässige Frage beim Wehrbeauftragten, dem Obhutmann der Soldaten, Wehrpflichtigen und jungen Männern bei der Musterung, Hellmut Königshaus, darüber zu beschweren.

Anschrift:
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages
Platz der Republik 1
D-11011 Berlin

Nur indem man sich beschwert und so seine Rechte einfordert, kann wirklich etwas bewegt und somit verhindert werden, dass solche Fragen weiterhin gestellt werden.



*Name von der Redaktion geändert

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