Mehr als Unterschichten-TV?

Das Dschungelcamp erzielt für RTL traumhafte Quoten. Schuld ist angeblich die Unterschicht. Aber die Zuschaueranalyse zeigt: Auch Bildungseliten schauen zu. Handelt es um eine gesellschaftübergreifende geistige Unterschicht?
Nein, denn was eine Unterschicht ist, das muss man mal erst einmal definieren.
Unterschicht wird meist synonym verwendet für Menschen, die aus finanziellen Gründen am unteren Ende der Gesellschaftspyramide stehen. Unterschicht, das ist gemeinhin das abgehängte Prekariat der HartzIV-Familien so die Definition der Friedrich-Ebert-Stiftung vor vier Jahren. Aber diese eindimensionale Deutung ist zu kurz gegriffen. Denn was sagt schon der Geldbeutel über Verstand, Vernunft und Bildung aus. Anscheinend weniger, als Sozialstudien nahelegen.

Das Dschungelcamp ist ein moderner Gladiatorenkampf
Natürlich kommt gerade von eben diesen, wenn sie sich als Dschungelcamp-Schauer ertappt fühlen, der Ausruf: Aber ich schaue das nur als Sozialstudie oder um mich darüber lustig zu machen. Genau das ist die Krux an der Sache. Ein Teil der vermeintlichen Bildungselite durchschaut zwar das System, welches RTL mit dem Zuschauer spielt. Allerdings kann sie sich auch nicht von ihm lossagen. Stattdessen schauen sich Studenten an, wie sogenannte Prominente aus finanzieller oder psychischer Not (Aufmerksamkeitsdefizit), einen entehrenden Job erledigen. Sie sehen zu, wie Menschen für die Belustigung der Massen gequält werden. Früher nannte man sowas Gladiatorenkämpfe: Die Promis als Gladiatoren, RTL als Arenaleiter und die Zuschauer ja als was?
Die Zuschauer sind die jubelende Masse, die das System Dschungelcamp erst ermöglichen. Mit ihrem Voyeurismus verletzen sie den Grundsatz, der unsere heutige Gesellschaft auszeichnet: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wer das Dschungelcamp schaut, der tritt dieses Prinzip mit Füßen. Wer das Dschungelcamp schaut, der darf sich einreihen in die geistige Unterschicht.
Der Kommentar spiegelt nur die Meinung des Autoren
und nicht der gesamten Redaktion wieder.
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