"Manchmal könnte ich richtig wütend werden."
Ross Antony und sein Mann Paul Reeve gaben im April 2010 bekannt, eine Regenbogenfamilie gründen zu wollen. Aber das deutsche Recht schließt aus, dass die beiden ein Kind adoptieren.

Eines vorab: Den Kinderwunsch haben Paul und ich nicht erst seit 2008. Irgendwann hat mich halt jemand gefragt, ob wir uns auch ein Kind wünschen und da habe ich ehrlicherweise mit "Ja" geantwortet.
Aber genau das ist das Problem: Wir müssen uns zu diesem Kinderwunsch äußern, dabei sollte ein Kind in einer Familie eine Selbstverständlichkeit sein. Wir finden es deshalb extrem ungerecht, dass wir in Deutschland nicht gemeinsam ein Kind adoptieren dürfen.
Welche Alternative stellen Sie sich vor?
Wir wollen in England ein Mädchen adoptieren. Doch obwohl das vereinigte Königreich Homosexuellen ein gemeinsames Adoptionsrecht einräumt, ist das immer noch ein sehr aufwendiger Prozess. Wir werden bei den Adoptionsstellen unglaublich viele Interviews zur persönlichen Beziehung durchlaufen. Und bis auf die Kontoauszüge muss finanziell alles offen gelegt werden. Aber es ist gut, dass die Stellen in England die Familienverhältnisse so genau prüfen, das Kind soll schließlich eine glückliche Zeit in unserer Familie verbringen.
Was ruft das deutsche Adoptionsverbot bei Ihnen hervor?
Manchmal könnte ich richtig wütend werden. Jeden Tag sieht man in den Medien wieder einen Fall von Kindesvernachlässigung- das passiert meist in heterosexuellen Familien. Und wir, die wir seit Jahren eine stabile Beziehung führen, zwei wunderbare Familien hinter uns haben und außerdem ausreichend finanzielle Mittel, wir dürfen kein Kind adoptieren? Diese Regelung ist totaler Schwachsinn! Wir wollen keine Leihmutter und wir wollen auch keine Einzeladoption, da fühlte sich automatisch einer von uns ausgeschlossen.
Über verschiedene Kinderorganisationen arbeite ich viel mit Kindern zusammen, die keinerlei Bezugsperson haben und daran kaputt gehen. Für ein kleines Mädchen könnten wir die Bezugspersonen sein, die es braucht.

Meiner Meinung nach weiß in Deutschland im Jahr 2011 die Mehrheit der Leute, wie gut Kinder auch bei Homosexuellen aufwachsen können. Bei uns nehmen die Eltern eine starke Bezugsrolle ein. Wir wünschen uns ein Mädchen- ganz wichtig ist deshalb neben meiner Mutter auch meine Schwester. Sie hat sich sofort angeboten, dass sie der Kleinen zur Seite steht, wenn es um Geschlechtsentwicklung und erste Liebe geht. Ich habe mir auch vorgenommen, zu einigen Mutter-Kind-Kursen zu gehen. Das Kind würde auf jeden Fall genügend Erfahrung mit Männern wie Frauen machen.
Was verbinden Sie mit dem Begriff Familie?
Alles. Seit ich 18 bin, wünsche ich mir eine eigene Familie. Heute bin ich 36 und brenne darauf, endlich Eltern-Erfahrungen zu machen. Ich hatte eine wunderbare Kindheit: Ich habe arbeiten gelernt und ich habe gelernt, Respekt vor anderen Menschen zu haben. Vor allem aber habe ich gelernt, zu lieben. Die Zeit, die meine Mutter in mich investiert hat, möchte ich nun an unsere Tochter weitergeben und meine Arbeit nach der Adoption ebenfalls vorübergehend aufgeben.
Wann könnte es so weit sein?
Wir haben in England noch keinen Adoptionsantrag gestellt, da wir vorher alles durchdacht haben wollen. Falls ein Detail in unserer Beziehung nicht passt, wird es für uns schwierig, das nochmal zu wenden. Für mich ist klar, dass ich als Person des öffentlichen Lebens keine Hintertüren nutzen kann. Entweder wir bekommen das Adoptionsrecht, oder nicht. Noch haben wir knapp fünf Jahre Zeit, denn man darf in Großbritannien nur bis zu einem Alter von 40 Jahren ein Kind adoptieren. Bis dahin werden wir alles bestens vorbereiten.
Vielen Dank für das Gespräch!