"Homosexueller" keine Beleidigung

Das Landgericht Tübingen hat festgestellt, dass es keine strafbare Polizistenbeleidigung darstellt, wenn ein Polizist als "Homosexueller" bezeichnet wird. Dies sei eine wertneutrale Bezeichnung in Bezug zu einer sexuellen Vorliebe und kein ehrverletzender oder herabsetzender Begriff.
Student rastete in Disko aus
Auslöser des Urteils war der Wutausbruch eines heute 24-jährigen Studenten in einer Tübinger Diskothek am 3. Juni 2011. Weil der junge Mann letztlich einen Türsteher nicht nur bespuckt, sondern auch körperlich angriff, wurde er schließlich von vier Polizisten festgenommen, wogegen sich der Student heftig wehrte. Auf der Wache bezeichnete er die Beamten dann als "Schwanzlutscher" und "Schwuchteln", später während einer Blutabnahme auch als "Homosexuelle".
In erster Instanz verurteilte das Amtsgericht den Studenten zu einer Geldstrafe von insgesamt 1.350 Euro, wogegen die Staatsanwaltschaft Berufung einlegte. Dort war man der Meinung, dass die Strafe härter ausfallen sollte, weil das Gericht die Bezeichnung als "Homosexuelle" nicht berücksichtigt habe.
Wertminderung früher, aber nicht mehr heute
Das Landgericht Tübingen gab dieser Berufung nicht statt. "Homosexueller" sei so wenig beleidigend wie die Bezeichnung "Bi-" oder "Heterosexueller", "Katholik" oder "Jude" . Eine Klassifizierung als Ehrverletzung und Herabwürdigung stünde im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz und zum Antidiskriminierungsgesetz. Wertmindernd sei es früher gewesen, andere als "homosexuell" zu bezeichnen, aber heute gelte dies nicht mehr.
Immerhin bezeichnen sich führende Politiker sowie Prominente als homosexuell. Darüber hinaus gebe es auch innerhalb der Polizei ein "Netzwerk für Lesben und Schwule", das für mehr Toleranz kämpft.