Homosexuelle im Alter unter sich

Um die Lebenssituationen von älteren Homosexuellen zu verbessern, sollen künftig Altenheime für Schwule und Lesben ihre Türen öffnen. Damit wäre das Versteckspiel auch im Alter nicht mehr nötig. Doch ist diese Idee durchweg positiv?
Auch für schwul und lesbisch lebende Menschen häufen sich die verschiedensten Communities im Internet, so dass sie auf diese Art und Weise unter sich sind und keine Ängste vor Ausgrenzungen, in dieser virtuellen, schwulen Welt, haben müssen.
Der Verein VILLAGE e.V. in Berlin dagegen beschränkt sich nicht auf die Virtualität. Er möchte vielmehr in einem Projekt eine reale schwul/lesbische Gemeinschaft schaffen, wodurch die Lebenssituation der älteren und alten Homosexuellen verbessert werden soll. Ziel ist der Bau eines "Village-Haus", in dem jedoch auch nicht gleichgeschlechtlich empfindende Freunde und Freundinnen der Homosexuellen leben können.

Gegründetwurde "VILLAGE e.V." im Februar 2001 als gemeinnütziger Verein. Erfinanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge, sowie Spendenund erhält keine öffentliche Förderung.
Zum Vorstand zählen Christian Hamm, Christian Abraham und Ralf Hartmann
Derzeitsind für das Grundstück circa 18 Mietwohnungen vorgesehen und einePflegeetage für sieben Bewohnern. Als alleinstehendes Baugruppenmodellkommen noch etwa zehn Eigentumswohnungen hinzu.
Im Gesamtprojekt sollen ungefähr 35 bis 40 Menschen in einer Gemeinschaft leben.
VILLAGE e.V. zielt auf verschiedene Altersgruppen, die sich etwa zwischen 40 und 80 Jahren bewegen sollen.
Die Genossenschaft Genowo eG soll den Bau ermöglichen
DieKooperation mit der Genossenschaft "Genowo eG", durch die der Bau desWohnprojekts "Village-Haus" ermöglicht werden soll, besteht bereitsseit Mitte 2009. Auf die Frage, ob auch eine Kooperation mit anderenWohnungsgenossenschaften in Frage gekommen wäre, antwortet ChristianHamm: "Nein, es gab keine weiteren Genossenschaften, mit denen wir übereine gemeinsame Umsetzung gesprochen haben. Zwischen der Genowo eG unddem VILLAGE e.V. bestehen seit langer Zeit gute und auch persönlicheBeziehungen, so dass eine Zusammenarbeit sich ganz automatischentwickelte."
Gegründet wurde die Genossenschaft im Februar 2007und ist offen für alle Interessenten an gemeinschaftlichem Wohnen. Auswirtschaftlichen Gründen kann "Genowo eG" voraussichtlich erst in derersten Jahreshälfte 2011 ein Grundstück erwerben. Somit wird sich derBau des Hauses weiter verzögern.
Dem Pro steht auch ein Kontra gegenüber
DerBau solcher "Seniorenresidenzen" für Homosexuelle soll künftig in derRealität dazu führen, dass die Angst vor Ausgrenzungen und Anfeindungenim höheren Alter ausbleibt. Aufgrund einer meist anderen sozialen,kinderlosen Lebensweise, gestaltet sich auch das Leben im Alter anders,als das der meisten Heterosexuellen
Jedoch steht dem Dafürauch ein Dagegen gegenüber. Der Lesben- und Schwulenverband inDeutschland (LSVD) ist der Ansicht, dass solche Projekte an derLebenswirklichkeit vieler Homosexueller vorbei gingen.
"Hinzukommt, dass es eine Reihe von älteren und alten Lesben und Schwulengibt, die im Alter nicht (erneut) in ein Ghetto gehen wollen", soMartin Pfarr vom LSVD.
Die Angst von der Gesellschaft als Randgruppegesehen zu werden, ist jedoch nicht dass einzige Gegenargument. Einanderer Teil, für den es möglicherweise in Frage kommen würde, verfügtnicht über die notwendigen finanziellen Mittel für solche Wohnprojekte.

InSachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gab es bereitsVeranstaltungen des LSVD mit den Trägern der klassischen Senioren undAltenhilfe, die zu einem erfreulichen Interesse führten. Die Idee einesintegrativen Wohnens für Homosexuelle ist laut dem LSVD die bessereWahl.
"Das Ziel wäre, eine Art kultursensiblen Umgangs mitlesbischen und schwulen Alten innerhalb der Pflege- undWohneinrichtungen für ältere und alte Menschen zu entwickeln", so Pfarrüber die Vorstellungen des LSVD.
2. Alternative: Kontaktbörse und Gesprächskreis
DerAnsatz des integrativen Wohnens für Homosexuelle wird laut dem LSVD nurin Großstädten, wie Berlin, Hamburg, Köln beispielsweise, zuverwirklich sein. Aus diesem Grund biete sich gerade für Mittelstädtedas Schaffen von Kontaktbörsen und Gesprächskreisen an.
3. Alternative: Besuchsdienst durch die jüngere Generation
Homosexuellehaben in der Regel keine Kinder, die sich im Alter um sie kümmernkönnten. Für viele ist die häusliche Umgebung wahrscheinlich dersicherste Ort und ein Platz an dem sie sich am ehesten wohlfühlen.Aufgrund dessen sieht der LSVD in einer Art Besuchsdienst, der durchjüngere Lesben und Schwule erfolgen soll, eine weitere Möglichkeit.

Fehlende finanzielle Hilfe stoppt Ideen zum Teil.
Momentanfehlt das grüne Licht vom Bundesministerium für Familie, Senioren,Frauen und Jugend (BMFSJ). Da jedoch finanzielle Hilfe für einige derAlternativen nötig ist, können beispielsweise keine Schulungen fürPflegeheime stattfinden. Diese Veranstaltungen sind jedoch wichtig, umdie Pflegekräfte für das Thema "Kultursensibler Umgang mitHomosexuellen" vorzubereiten.
Laut dem LSVD wäre die Finanzierungdurch Stiftungen eine weitere Finanzierungsmöglichkeit, die in Erwägunggezogen werden könnte.
Welches Konzept sich letztendlich wirklich realisieren lässt und dann auch die Oberhand gewinnt, wird die Zukunft zeigen müssen.