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Bundesverfassungsgericht weitet Rechte aus

Von DBNA Team
Bundesverfassungsgericht weitet Rechte aus
RyersonClark/istockphoto.com

Die derzeitige Regelung für den Familienzuschlag für schwule und lesbische Beamten ist verfassungswidrig. Dies erklärte das Bundesverfassungsgericht, welches in seinem Urteil auch die Forderung nach einer Rückwirkung ab dem 1. August 2001 fordert. Das Urteil gilt in seiner Ausführungen als wegweisend.

Seit dem 1. August 2001 gibt es in Deutschland die eingetragene Lebenspartnerschaft. Für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist dieses Datum einmal mehr der Fixpunkt für seine Rechtsprechung.

Am vergangenen Mittwoch wurde nämlich eine Entscheidung vom 19. Juni veröffentlicht, welche die rechtliche Position von schwulen und lesbischen Paaren weiter stärkt. Demnach steht Beamten, die verpartnert sind, der Familienzuschlag, den ihre heterosexuellen Kollegen erhalten, in vollem Umfang rückwirkend ab 1. August 2001 zu.

110 Euro rückwirkend bis 1. August 2001

Geklagt hatte ein Beamter aus Hessen. Dieser lebt bereits seit 2002 in einer Lebenspartnerschaft. Erreichen wollte er eine Rückwirkung ab 3. Dezember 2003. Pro Monat werden Beamten, welche verheiratet oder verpartnert sind, circa 110 Euro gewährt. An jenem Tag trat die Gleichbehandlungsrichtlinie der EU in Kraft und war daher auch schon für viele Bundesländer eine Richtschnur bei rückwirkenden Regelungen zur Gleichstellung.

Nach dem der Beamte an den Verwaltungsgerichten scheiterte, wandte er sich an das Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung jetzt geht über alles Dagewesene hinaus: Es gebe keine Rechtfertigung für eine Rückwirkung, die nicht unmittelbar an der Einführung der Lebenspartnerschaft anknüpft, "auch aus haushaltswirtschaftlichen Gründen nicht".

Die Argumentation der Richter sieht so aus, dass sie von einer Ungleichbehandlung von Personengruppen ausgehen, die beim Familienzuschlag in Hinblick auf die Homo-Ehe bestanden habe. Die Anforderungen an eine Begründung dieser Ungleichbehandlung sei "umso strenger", weil diese noch dazu auf der sexuellen Identität basiere (schließlich stünde die Ehe nur Heterosexuellen, die Lebenspartnerschaft ausschließlich Homosexuellen offen).

Kompletter Gleichstellung steht Grundgesetz nicht entgegen

Dem Argument, dass das Grundgesetz eine besondere Bevorzugung der Ehe rechtfertige, stellen die Richter entgegen: "Der besondere Schutz, unter den Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe als besondere Verantwortungsbeziehung stellt, rechtfertigt Besserstellungen der Ehe im Verhältnis zu ungebundenen Partnerbeziehungen, nicht aber ohne weiteres auch im Verhältnis zu einer rechtlich geordneten Lebensgemeinschaft, die sich von der Ehe durch die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheidet, wegen dieses Unterschiedes mit der Ehe nicht konkurriert und dem Institut der Ehe daher auch nicht abträglich sein kann, sondern es gerade auch Personen, die wegen ihres gleichen Geschlechts eine Ehe nicht eingehen können, ermöglichen soll, eine im Wesentlichen gleichartige institutionell stabilisierte Verantwortungsbeziehung einzugehen." Daraus lässt sich schließen, dass eine komplette Gleichstellung nicht durch das Grundgesetz verhindert wird.

Nach der Karlsruher Entscheidung müssen nun die Länder ebenso aktiv werden. Denn nur Hamburg, Brandenburg und Rheinland-Pfalz setzen bisher den 1. August 2001 als Rückwirkungsdatum an. Alle anderen dreizehn Bundesländer haben spätere Zeitpunkte gewählt. So hatte beispielsweise die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg erst im Juli diesen Jahres aus Haushaltsgründen den 1. September 2006 gewählt.

Entscheidung zu Einkommensteuerrecht erwartet

Manfred Bruns, der Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), lobte in einer ersten Reaktion, dass sich der zweite Senat des Gerichts in Entscheidungen zur Homo-Ehe nun der Argumentation des ersten Senats "in vollem Umfang angeschlossen" habe. Man ist sich dort sich, dass sich der Zweite Senat im Falle der Verfassungsbeschwerden gegen die Diskriminierung im Einkommensteuerrecht nicht anders entscheiden werde.

Volker Beck von Bündnis90/Die Grünen erklärte dagegen: "Deutlicher als das Gericht es diesmal gesagt hat, kann man es nicht sagen. Die sexuelle Orientierung eines Paares ist kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für Differenzierungen." Er pocht darauf, dass die Bundesregierung selbst die Gleichstellung im Einkommensteuerrecht voranbringen soll. Dem schloss sich auch die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Barbara Höll an.

Union "nur noch peinlich"

Aus den Reihen der FDP hingegen wendet sich der Fingerzeig auf die CDU. Michael Kauch, FDP-MdB ließ vernehmen, dass sich "wieder einmal [...] die Haltung des CDU-geführten Bundesinnenministeriums als rechtswidrig erwiesen" habe. Die Rückwirkung sei vom Bundesjustizministerium, das von der FDPlerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger geführt wird, schon damals gefordert worden. Das Innenministerium habe sich dagegen aber gesperrt. Sein Appell bezüglich der Gleichstellung bei der Einkommensteuer richtet sich an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: "Dies ist im Koalitionsvertrag angelegt und erscheint uns zudem verfassungsrechtlich zwingend."

Der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs findet dagegen die Unionsparteien "nur noch peinlich", weil die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Gleichstellung beständig gegen die Politik von CDU und CSU gerichtet seien. "Der erbärmlichen Realitätsverweigerung der CDU/CSU hat Karlsruhe heute die Quittung ausgestellt", führt der SPDler weiter aus und schließt: "Es wird nicht die letzte sein."
Weitere Quellen: queer.de

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