Der Mann mit der Gitarre

Singer/Songwriter gibt es zu Genüge, doch offen Schwule weitaus weniger. Einer von ihnen ist sogar bei dbna angemeldet. Für sein neuestes Video hat er prominente Unterstützung erhalten.
Wie zwei rote Fäden ziehen sich die markant warme Stimme von Chris und sein einfühlsames Gitarrenspiel durch seine Lieder. Meistens sind die Melodien ruhig und langsam, was zu seinen gefühlvollen, mitunter melancholischen Songtexten passt. Dabei schafft er es, seine Emotionen auszudrücken, ohne kitschig zu sein, z.B. wenn er in "Let Go" beschreibt, dass er unfähig ist, sich von jemandem zu lösen, der ihm schadet. Man merkt ihm hierbei an, dass er kein Problem damit hat, seine Gefühle zu äußern und zu seinen Überzeugungen zu stehen, was sich auch in seiner Biografie widerspiegelt.

Chris selbst war schon als Kind klar, dass er schwul ist. "Ich habe mich zu älteren Nachbarjungs hingezogen gefühlt und war dann immer anhänglich und hab mir vorgestellt sie würden mich beschützen. Ich wusste damals natürlich nicht genau, was es war, da ich das Konzept "schwul" noch nicht kannte, ich wusste nur, dass ich es war!".
Coming-Out und Schulabbruch doch die Eltern unterstützen ihn
Als er kurz vor den Abiturprüfungen stand, brach Chris kurzerhand die Schule ab. Es war jedoch nicht der Prüfungsdruck, der ihn dazu bewegte. "Ich hatte Angst, dass es mich in meinem Antrieb bremst, Musiker zu werden. Seit dem Abbruch bleibt mir nicht viel anderes übrig als verdammt hart an mir und meiner Musik zu arbeiten. Genau diesen Druck brauche ich", sagt Chris.
Seine Eltern, beide Lehrer, waren davon nicht gerade begeistert. Gleichermaßen hätten sie aber schon vorher gewusst, dass Chris manchmal widersinnig, unvernünftig, ein wenig verrückt, eben leicht schizophren sein kann. "Sie mussten seit meiner Kindheit lernen, dass es gewisse Dinge gibt, die man mir ausreden kann und gewisse Dinge, bei denen man sich sehr viel Zeit, Energie und Farbpigmente in den Haaren aufsparen kann, wenn man mich einfach machen lässt.". Inzwischen hätten seine Eltern eingesehen, dass es für ihn der richtige Schritt war, und unterstützen ihn in seinem Vorhaben. "Ich muss sagen, dass ich echt Glück mit meinen Eltern habe. Andererseits bin ich adoptiert, von daher sind sie auch vertraglich an mich gebunden", scherzte er.
Sein neues Video und der Deutsche Rock & Pop Preis
Doch nicht nur auf seine Eltern, sondern auch auf seine Freunde ist Verlass. Diese haben ihn tatkräftig bei seinem Video zu der Single "The One I Used To Be" unterstützt. Unter ihnen ist niemand geringeres als Jennifer Braun, Finalistin bei "Unser Star für Oslo". Die beiden sind privat schon länger befreundet. "Jennifer ist eine ehemalige Schülerin meiner Mutter."
Viel miteinander zu tun haben sie aber erst seit einem gemeinsamen Auftritt beim Sommerfest ihrer Schule. "Sie hat sich glücklicherweise direkt bereit erklärt, mitzumachen, als ich ihr von meinem Konzept für das Video erzählt habe." Ausschlaggebend war dabei auch die Aussage des Liedes. "In dem Lied geht es darum die eigene Persönlichkeit und Individualität auch entgegen Widerstands von anderen zu zelebrieren und sich von niemandem unterkriegen oder kleinhalten zu lassen."
Ob Chris noch einen weiteren Grund zum Freuen hat, wird sich am Abend des 17. Dezember 2011 zeigen. An diesem Tag findet in Wiesbaden die Verleihung des "Deutschen Rock + Pop Preis" statt. Chris ist dort als bester Popkünstler nominiert. Die Konkurrenz ist dabei so zahlreich wie verschieden. Einflüsse aus Jazz über Irish Folk bis hin zu Charleston prägen das Feld. Gegen all diese muss Chris sich durchsetzen, um zu gewinnen. Wie gut seine Chancen sind, möchte er lieber nicht einschätzen. "Bringt ja auch nichts, außer dass es einen unnötig verrückt macht." Verrückt, das sagt der Richtige.