Geschichten

Mit offenen Karten zum Ziel

Von DBNA Team

Anfangs war alles toll, denn ich hatte eine Freundin und es lief super zwischen uns. Aber dann, so mit 12 oder 13 Jahren merkte ich, dass ich auch sĂŒĂŸe Jungs mag.

Patrick, 22: Also von Anfang an, so mit ca. 12 hatte ich meine erste richtige Freundin. Es war einfach super, denn wir haben jeden Tag miteinander telefoniert und haben uns, außer in der Schule, auch oft bei ihr Zuhause getroffen. Ich war einfach glĂŒcklich, aber dann passierte es, sie verließ mich nach ca. 3 Monaten und ich war am Boden zerstört. Ich habe einige Zeit gebraucht um ĂŒber sie hinweg zu kommen. Schon in der Zeit als ich mit ihr zusammen war, ist mir aufgefallen dass ich hin und wieder sĂŒĂŸen Jungs nachgeschaut habe, aber ich beachtete es nicht, da ich bis dahin geglaubt hatte, dass ich hetero sei. Nachdem sie mich verlassen hatte fiel es mir immer und immer öfter auf und ich verstand die Welt nicht mehr. Ich wollte es nicht wahrhaben, da ich das Schwulsein als etwas abnormales empfand. Ich habe einfach von der Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin, beigebracht bekommen, dass es etwas ekelhaftes ist, wenn sich zwei MĂ€nner lieben. Also verdrĂ€ngte ich meine GefĂŒhle zu anderen Jungen und versuchte nicht aufzufallen.

Das ging ein oder zwei Jahre gut, bis ich dann einen guten Freund kennengelernt habe mit dem ich viel Zeit verbracht habe. Aber leider hat er nach einiger Zeit mitbekommen, dass ich ihm gerne mal auf den Hintern starrte und ihn auch des öfteren einfach ohne Grund vertrĂ€umt anstarrte. Als er mich eines Tages beim gemeinsamen AbhĂ€ngen gefragt hat, ob ich schwul sei, erwiderte ich nur mit den folgenden Worten: Nein, aber ehrlich gesagt bin ich bi. Nach einem langen GesprĂ€ch gingen wir beide unsere Wege und haben uns seit dem zwar einige Male gesehen, aber nie wieder miteinander gesprochen. Also hieß es wieder fĂŒr mich nicht auffallen und vor allem nicht schwul sein.

Aber es hat sich in mir was verĂ€ndert. Ich wusste mit der Zeit nicht mehr wer ich bin. Die Jahre vergingen und so mit Anfang 20 wollte ich mich einfach aus Neugier bei einer schwulen Internetseite anmelden, um zu sehen wie die alle so drauf sind, doch bald holten mich meine GefĂŒhle wieder ein. Alles fing so Mitte Juni 2010 an, als ich auf der Internetseite einen netten jungen Mann kennengelernt habe und mit ihm viele Mails geschrieben habe. Alexander Maximilian konnte mich zum Lachen bringen und wir sprachen ĂŒber alles, auch ĂŒber sein Coming-Out bei Freunden, Bekannten und natĂŒrlich auch bei seinen Eltern. Wir verbrachten sehr viel Zeit mit Mails schreiben und ich konnte viel ĂŒber das Schwulsein herausfinden. Zu dem Zeitpunkt aber gestand ich mir dass Schwulsein noch immer nicht ein. Ich fand es toll so einen Menschen in meinem Leben zu haben, mit dem ich endlich ehrlich ĂŒber meine GefĂŒhle sprechen konnte.

Aber eines schönen Tages musste er Abends arbeiten und ich saß einfach zu Hause und fing an ĂŒber mein Leben nachzudenken. Ich dachte ĂŒber meine GefĂŒhle zu Alexander Maximilian nach und ich dachte an die Blicke die ich fĂŒr andere attraktive junge MĂ€nner hatte. An den Abend bin ich mir ĂŒber meine HomosexualitĂ€t bewusst geworden. Ich weiß noch ganz genau wie schlecht es mir an dem Abend ging und wie ich damals geweint habe. Ich wusste nicht was ich machen, sagen oder tun sollte aber ich hatte zu dem Zeitpunkt dass GlĂŒck den, wie ich glaubte, Mister Perfekt gefunden zu haben, auch wenn uns ca. 950km von einander trennten waren wir uns sehr verbunden. Er half mir durch die schwere Zeit, mich selbst zu finden, mir endlich selber treu zu sein und endlich nicht mehr alles darauf zu geben, was andere von mir halten könnten. Leider zerbrach unsere Freundschaft einige Zeit darauf aber ich werde Alexander Maximilian immer dankbar sein fĂŒr die Worte und fĂŒr die Zeit die er mir geschenkt hat.

Ich dachte mir mit der Zeit, dass ich es  meinen engsten Freunde und auch meinen Eltern sagen möchte, da ich sie nicht immer anlĂŒgen wollte, sobald die Frage auf kam: Und Patrick wie schaut es aus mit den MĂ€dels?. Den Anfang machte ich bei einer guten Freundin und zwar am 10.10.2010 da sie mich wieder einmal wie so oft nach meiner Freundin, die ich aber nicht besaß fragte, leitete ich das GesprĂ€ch so um, dass wir auf das Thema Schwulsein kamen. Nachdem ich sie erst ein wenig ĂŒber das Thema ausgequetscht habe und bemerkt habe dass sie es nicht als abnormal empfindet, hab ich es ihr dann versucht schonend beizubringen. Ich schilderte ihr meine Situation, nach einem langen, wirklich langen GesprĂ€ch war ich froh darĂŒber, es ihr gesagt zu haben, denn sie ermutigte mich mein Leben so zu gehen, wie ich es fĂŒr richtig halte.

Nach einigen Tagen wollte ich es einem meiner besten Freunde sagen, da wir uns alles sagten und immer mit offenen Karten gespielt haben. Deswegen ging ich an dem Abend zu ihm und fing an mit: Ich muss dir was sagen!. Er meinte nur sag! und ich fing an mit: Wir können uns doch alles erzĂ€hlen. Deswegen wollte ich dir sagen, dass ich schwul bin!, er meinte, dass es fĂŒr ihn okay ist aber nur wenn ich nichts von ihm wolle. Da dies nicht der Fall war, war das Thema fĂŒr uns besprochen. Ich merkte aber immer wieder das sich Beide fĂŒr meine HomosexualitĂ€t interessierten, da sie mir immer wieder Fragen darĂŒber stellten.

Nach ein oder zwei Monaten wollte ich es meiner Mutter auch sagen, aber ich fĂŒrchtete mich sehr davor, da ich mir alles mögliche zusammenreimte und ich einfach nicht wusste wie sie reagieren wĂŒrde. Ich dachte mir Geschichten aus, wie sie mich aus dem Haus werfen wĂŒrde, sobald ich ihr meine HomosexualitĂ€t gestehe. Doch alles kam anders. Eines Tages dachte ich mir: So jetzt mach ichÂŽs, ich ging in das Wohnzimmer und sagte zu ihr sie solle doch mal mit mir in die KĂŒche kommen, denn ich mĂŒsse ihr etwas sagen. Meine Mutter folgte mir und schaute mich vorwurfsvoll an als ob sie sagen wollte was hast du jetzt wieder angestellt. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und sagte die drei Worte vor denen ich so viel Angst hatte zu sagen. Ich sagte: Mama, ich bin schwul. Nach einer gefĂŒhlten Ewigkeit in der wir uns beide nur anschauten, aber nichts zu sagen trauten, erlöste sie mich mit ihren Worten. Sie sagte nur, sie hĂ€tte es schon seit sehr langer Zeit geahnt, aber sie findet es nicht weiter schlimm, denn sie ist glĂŒcklich, wenn ich glĂŒcklich bin.

Mit einem Teilerfolg in der Tasche und frohen Mutes wollte ich es einige Tage spĂ€ter auch meinem Vater erzĂ€hlen. Als wir beide an den folgenden Tagen am Mittagstisch saßen und mein Vater seine ĂŒblichen Witze ĂŒber mich und meiner Zukunft mit einer Freundin machte, platzte es mir einfach so raus und ich sagte einfach: Nö, Freund das trifft es wohl eher, da ich schwul bin!. Anfangs reagierte er entspannt und sagte nur, es sei eine Phase die sich mit der Zeit wieder lege, aber umso tiefer unser GesprĂ€ch ging, desto forscher wurde er. Mit der Zeit fing er an Schwulen-Witze ĂŒber mich zu reißen. Ab dem Zeitpunkt war das GesprĂ€ch mit meinem Vater fĂŒr mich vorbei. Seit dem Tag rede ich zwar noch mit meinem Stiefvater, aber ich halte mich nicht mehr in seiner NĂ€he auf, da ich ihn einfach hasse, auch wenn an dem Tag nichts passiert ist, werde ich es nie vergessen. Ich spreche auch nicht mehr ĂŒber meine SexualitĂ€t, oder ĂŒber die Liebe in seiner Gegenwart.

Ich muss sagen ich habe viel GlĂŒck solche Freunde zu haben und eine Mutter, die mir nur das Beste fĂŒr mein Leben wĂŒnscht. Zwar hatte ich mir das Outing bei meinem Stiefvater anders vorgestellt, aber ich gehe den Weg den ich fĂŒr richtig halte. Inzwischen Lebe ich seit ca. 2 Jahren in Köln und habe mir hier einen großen Freundeskreis aufgebaut und was daran das Wichtigste ist, ich habe mir hier nicht nur mein Leben aufgebaut, sondern meinem Freund gefunden. Inzwischen verstecke ich mich auch nicht mehr und wenn mich jemand fragt, ob ich schwul bin, dann sage ich einfach ja. Da es mir in der Zeit meines Outings sehr geholfen hat andere Storys zu lesen, habe ich mir gedacht, ich schreibe meine auch auf. Leute steht zu euch selbst und versteckt euch nicht! Es wird immer Situationen geben im Leben wo man sich Outen muss aber mit der Zeit wird es immer einfacher.
Coming-out

Diskutiere mit anderen Jungs im Forum unserer Community. Oder kontaktiere fĂŒr eine persönliche Beratung das Team von anyway4u.

Mehr fĂŒr dich

Startseite →