Geschichten

Einzeln per SMS

Von DBNA Team

Es war Sommer 2006. Ich war gerade 13 Jahre alt und mir wurde langsam klar, dass bei mir etwas „anders“ war, als bei den anderen Jungs in meinem Alter.

Emanuel, 15: Was es genau war, wollte ich zuerst nicht ganz wahrhaben, denn alle Medien, also Fernsehen, Werbung etc. machen einem ja klar, was normal in unserer Gesellschaft ist: Schon in Kinderfilmen gibt es die glĂŒcklichen Bilder von einer Frau einem Mann und Kindern. Aber ich passte dann halt nicht in dieses typische Bild, da ich mir halt schon damals mit 13 Jahren nicht vorstellen konnte, mit einer Frau mein weiteres Leben zu verbringen.

Nach nur wenigen Monaten hatte ich dann mein inneres Coming-out. Das weiß ich alles noch ziemlich genau, da ich zu dieser Zeit noch regelmĂ€ĂŸig ein Tagebuch fĂŒhrte. Meine ersten gleichgeschlechtlichen Kontakte hatte ich dann im FrĂŒhjahr 2007 mit einem 13-jĂ€hrigen Jungen im Osterurlaub in Italien.

SpĂ€testens nach diesen Erlebnissen wusste ich: Ja ich bin schwul, und eigentlich ist es doch gar nicht so langweilig! Mein erstes Coming-out hatte ich dann ein halbes Jahr spĂ€ter bei einem ziemlich guten Freund aus meiner Klasse. Ich outete mich per SMS, so wie ich das bei fast allen weiteren Coming-outs auch machte. Er reagiert total ĂŒberrascht, aber im positiven Sinne und unsere Freundschaft hatte sich dadurch nur noch weiter verstĂ€rkt!

Und so auf diesem Wege outete ich mich dann bei der nĂ€chsten, dann beim nĂ€chsten und wieder beim nĂ€chsten SchĂŒler/Freund usw. Ich hielt es fĂŒr besser mich durch Einzel-Coming-outs zu outen, da in meiner alten Klasse doch noch nicht alle mit meiner HomosexualitĂ€t klar gekommen wĂ€ren.

Dann einige Zeit spĂ€ter passierte das, was man sich sonst nur zu ertrĂ€umen vermag. Über eine Chatseite lernte ich einen Jungen kennen, der glaubte mich zu kennen. Es stellte sich dann heraus, dass er auch an meine Schule ging, genauer gesagt in eine Parallelklasse von mir! Ich war so ĂŒberglĂŒcklich ĂŒber diese Neuigkeit, denn schließlich ist es in meiner 150.000 Einwohnerstadt, die zudem noch im konservativen Tirol liegt, nicht so einfach einen schwulen Jungen im selben Alter kennenzulernen.

Ich traf mich dann sehr hÀufig mit ihm und es tat uns beiden sehr gut miteinander zu reden und uns auszutauschen, wir hatten aber nie eine Beziehung doch aber eine unglaublich tolle Freundschaft, die bis heute besteht. So kam es dann auch dazu, dass wir mit unserem Coming-out weiter vorankamen jetzt war meine Mutter an der Reihe es zu erfahren.

Es kostete mich eine große Menge Überwindung, obwohl ich eigentlich wusste, dass mich meine Mutter verstehen wĂŒrde. Und so war es dann auch. Ich gab ihr einen Brief und teilte ihr mit, dass sie, nachdem sie ihn gelesen hatte, in mein Zimmer kommen sollte. Meine Mutter fragte mich, seit wann ich das denn wisse, wusste aber zuerst auch nicht genau, was sie sagen sollte. Als sie die Nachricht verdaut hatte, redeten wir schon viel prĂ€ziser miteinander und verstanden uns immer noch so gut wie alle Zeit davor.

Ja, und mein Vater war dann wenige Wochen spĂ€ter an der Reihe. Ich weiß nicht, warum ich es ihm nicht auch gleich sagte, doch zu meiner Mutter war der Kontakt und ist heute noch besser. Auch er musste sich zuerst sammeln und auch dann sprachen wir kurz darĂŒber. Auch seine Reaktion war ausgesprochen positiv!

Dann kam ich in die neunte Klasse (in Österreich in die Oberstufe) und bekam demnach neue MitschĂŒler. Ich dachte mir: So, jetzt muss ich alles noch mal machen! Das stellte sich im Nachhinein auch als richtig heraus, doch es ging viel schneller, als mit meiner alten Klasse. Schon nach wenigen Schultagen fragte mich ein Klassenkamerad, ob ich schwul sei. Ich verneinte dies, bereute es wiederum aber auch gleich wieder, denn ich wollte mich ja auch nicht verstecken wegen meiner sexuellen IdentitĂ€t.

Schließlich gestand ich ihm es dann doch, sagte ihm aber, er solle es fĂŒr sich behalten, er tat das aber nicht. Jetzt im Nachhinein bin ich ĂŒberhaupt nicht sauer, denn so weiß es heute zumindest jeder. Und das Beste daran war ja: Alle, ja wirklich absolut ALLE haben positiv reagiert. Ich bin wirklich unglaublich froh, dass ich in diese Klasse gehen darf!

Heute folgen halt dann immer wieder mal so ein paar weitere kleine Coming-outs. Leider kann es nicht jedem so gut gehen wie mir, doch wenn man alles langsam angeht und nichts ĂŒberstĂŒrzt, hat man zumindest meistens positive Reaktionen! Ich wĂŒnsche jedem das gleiche GlĂŒck, das ich gehabt habe!

Zum Schluss möchte ich mich noch bei den Leuten bedanken, die mich unterstĂŒtzt haben: bei dem guten Freund aus meiner Parallelklasse er weiß, dass er gemeint ist , meinen Eltern, meiner Klasse und meinen anderen Freunde, die mich so weit betrachten, wie ich nun mal bin. Denn anders sind nur die, die von anderen denken, dass sie anders sind!
Coming-out

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