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Geschichten

„Du zerstörst deine Zukunft“

Von DBNA Team

Mein Coming-out ist alles andere als gut verlaufen. Meine Eltern sind ja schon von Anfang an gegen Homosexualität gewesen. Besonders mein Vater hat sich oft über Schwule aufgeregt. „Die müsste man erschießen! Das ist doch nicht normal!“ Das Übliche halt.

Jens, 16: Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Eltern in der DDR gelebt haben bzw. auf dem Land und somit noch nie mit dem Andersrum- sein konfrontiert wurden.

Ich selbst habe in der 5. Klasse herausgefunden, dass ich schwul bin, denn da habe ich mich in einen Mitschüler verliebt. Da meine Mutter sehr neugierig ist, hat sie öfters mein Tagebuch durchgelesen, worin Andeutungen standen, dass mir jener Junge schon viel bedeutet. Meine Mutter ist dann einmal in mein Zimmer gekommen und hat sich aufgeregt, warum ich so einen Mist schreiben würde, und dass das doch nicht einmal der Teufel wollen würde, dass ich schwul bin. Danach gab es ungefähr zwei bis drei Jahre Ruhe.

Jedoch wurde ich älter und reifer. Und dann kam es dazu, dass ich jemanden kennengelernt habe, mit dem ich mich heimlich getroffen und Sex gehabt habe. Allerdings war es letztendlich nur ein One- Night-Stand. Irgendwie muss das dann meine Mutter wiedermal mitbekommen haben und stand dann mit Tränen in den Augen und hochrotem Kopf vor mir und hat mir vieles vorgehalten. Du zerstörst deine Zukunft und machst unser Leben kaputt, Junge. Denk doch mal an uns; du wirst deines Lebens nicht mehr froh.

Allerdings hat mich das eigentlich eher wenig interessiert, denn ich wusste, wie ich bin, und dass ich so sein will. Einige Monate war mal wieder Ruhe eingekehrt, bis ich meine erste große Liebe gefunden hatte. Auch wenn wir uns nie getroffen haben, war ich in ihn so sehr verliebt wie in noch keinen anderen. Wir haben jeden Tag telefoniert. Ich hatte schon meiner Verwandtschaft, welche in der Nähe von Köln wohnte, alles erzählt. Diese nahmen es sehr gut auf. Und meine Mutter war am Verzweifeln, bis sie ein paar Tage darauf alles meinem Vater erzählte. Diesen hörte ich in meinem Zimmer, von der Küche aus rufen, dass ich meinen Führerschein vergessen könne und mein Studium auch. Wer stellt denn schon einen schwulen Lehrer ein? Was sollen denn die Schüler von dir denken?, waren die Anschuldigungen, die ich von ihm persönlich verpasst bekam.

Als mein Freund keine Gefühle mehr für mich hatte, war ich so am Boden zerstört, dass sogar meine Familie mitbekam, dass etwas nicht stimmte. Am Tag, nachdem mein Vater alles erfuhr, haben meine Verwandten sich entschieden, eine Gesprächsrunde zu machen, da sie merkten, wie verzweifelt wir alle waren. Es gab eine langwierige Diskussion. Letztendlich haben wir uns alle dazu bereit erklärt, es zu akzeptieren und zu versuchen damit umzugehen. Meine Mutter hat eine Therapie mitgemacht, um das alles zu verarbeiten.

Allerdings muss ich sagen, dass meine Eltern es vielleicht ein wenig begriffen haben, es aber immer noch nicht an sich ranlassen, dass ihr einziger Sohn schwul ist. Das tut mir sehr weh, aber ich habe gelernt damit umzugehen. Und ich hoffe, dass meine Eltern bald einsehen, dass ich immer noch derselbe Jens bin.

Mein Coming out bei meinen Freunden war eher ein Zufall. Einige Freundinnen wussten das alles schon. Vor den Jungs hatte ich zunächst Angst. Dann kam die Klassenfahrt. Im Bus habe ich mit einer Freundin Briefe geschrieben, in dem es um das Thema Schwulsein ging, und dass ich jemanden kennengelernt habe. Als wir schon zwei Tage da waren, bin ich für einen Abend in den Bungalow einer Freundin gegangen und habe meine Tasche mit den Briefen in meinem Zimmer liegen lassen. Ein paar Mitbewohner haben sich dann die Briefe geschnappt und laut vorgelesen. Als ich das an jenem Abend erfahren habe, hatte ich ein schlechtes Gefühl im Bauch und ich habe mich gar nicht mehr getraut, alleine rauszugehen.

Am nächsten Tag, als ich in den Essraum eintrat, habe ich eigentlich gezielte Blicke erwartet, dumme Sprüche und Beleidigungen. Doch keiner hat irgendetwas gesagt. Sogar unsere etwas rechtsorientierten Leute haben keinen Ton von sich gegeben. Alles war so wie immer.

Leider ging das in der Schule rum wie warme Semmeln. Aber wieder einmal hat niemand etwas gesagt. Und spätestens seit meinem Ethikvortrag, in welchem es um Homosexualität ging, glaube ich, dass alle mich so akzeptieren, wie ich bin.
Coming-out

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