Der dicke Knoten in der Brust
Mein Outing habe ich lange vor mich her geschoben. Diese ganze Sache gestaltete sich fĂŒr mich eher schwierig, da ich bei den MĂ€dchen nicht gerade unbeliebt bin und Schwulsein in meiner Familie nie ein Thema war. Und der Zeitpunkt es meiner Mutter und meinem Stiefvater zu beichten, war nicht gerade der gĂŒnstigste, nĂ€mlich ihr Hochzeitstag.
Den Entschluss, endlich den Mut aufzubringen, habe ich gefasst, als mich meine beste Freundin anrief und vor sich hinstammelte: Eric Ă€hmm ich mag dich mehr als einen Freund! In dem Moment war ich platt und habe losgelegt. Ich hab ihr alles erzĂ€hlt, einfach alles und sie hat es verstanden und akzeptiert. Ich wollte einfach nicht, dass sie sich falsche Hoffnungen macht, was mich betrifft. Sie ist wirklich keins der MĂ€dchen, welches sich ein Junge in meinem Alter durch die Lappen gehen lassen wĂŒrde, ganz im Gegenteil.
Und als dieser erste Schritt getan war, konnte ich NĂ€chte lang nicht schlafen. Ich wusste, dass ich jetzt bereit war, alt genug bin und endlich den Arsch in der Hose haben muss, um selber mit dem Gedanken fertig zu werden, und nur dieser eine Schritt helfen kann, damit ich mich besser fĂŒhle. Am 19. Juni habe ich es satt gehabt. Ich habe gedacht, ich kann nicht mehr warten und habe als BestĂ€tigung meine beste Freundin um 4 Uhr morgens angerufen. Sie hat mir Mut gemacht und mir gesagt, wie wichtig das sei, und dass meine Eltern es sicher verstehen. Sie hat mir gesagt, dass meine Eltern nicht drum herum kommen, es zu akzeptieren, denn fĂŒr mein Schwulsein könne ich nichts und ich könne mich nicht zwanghaft Ă€ndern.
Und dann habe ich es gewagt, ohne daran zu denken, dass es der Hochzeitstag meiner Eltern ist. Meine Mutter war morgens gerade in Formulare und Bankenordnern vertieft, völlig durch den Wind aber trotzdem irgendwie fröhlich. Also zĂŒndete ich mir eine Zigarette an und starrte sie demonstrativ an, in der Hoffnung sie wĂŒrde mich bemerken, tat sie aber nicht.
Nun sprach ich sie an: Mama? Hast du gute Laune? und sie: Wieso? Hast du was angestellt? Ich schĂŒttelte den Kopf und sie fragte weiter: Hast du Schulden? Eine Freundin? Einen Freund? Ich fing an zu zittern und hatte einen dicken Knoten in der Brust und dann hat sie es gesagt: Eric, bist du schwul? Ich fing an zu heulen und bejahte die letzte Frage.
Sie kam augenblicklich zu mir und nahm mich in den Arm und erklĂ€rte mir, dass sie dagegen ĂŒberhaupt nichts habe, die Hauptsache sei, dass ich glĂŒcklich sei, und dass das mein eigenes Ding sei und ich auf mich aufpassen solle.
Meinen Stiefvater hat sie heimlich auf der Arbeit angerufen und es ihm erzÀhlt, damit ich es nicht machen musste, und er hat hinterher dasselbe gesagt wie meine Mutter zuvor.
Endlich! Das Schlimmste war erledigt. Jetzt kann ich endlich ich selbst sein und jeder, der mich fragt, erfĂ€hrt es sofort. Den meisten zwinge ich es sogar auf, damit es raus ist. Und heute bin ich erstaunt, wie offen meine Familie dazu steht; wie mich meine Freunde unterstĂŒtzen, um es mir so leichter zu machen, mit dem Gedanken schwul zu sein, endlich klar zu kommen und mich wohl zu fĂŒhlen. NatĂŒrlich gibt es noch die eine oder andere Person, vor der ich es aus Eigenschutz noch geheim halte, aber ich denke, das wird auch noch vergehen frĂŒher oder spĂ€ter.
Diskutiere mit anderen Jungs im Forum unserer Community. Oder kontaktiere fĂŒr eine persönliche Beratung das Team von anyway4u.