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dbna'ler des Monats

dbna'ler des Monats – Juni

Von DBNA Team
dbna'ler des Monats – Juni
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Michael (19) aus Unterschleißheim ist unser dbna'ler des Monats Juni. dbna hat ihm einige Fragen gestellt.

Michael, du leidest unter mehreren psychischen Krankheiten. Welche sind das und wie wirken sie sich auf deinen Alltag aus?
Michael: Die Diagnose, welche bei mir festgestellt wurde, lautet: Borderline-Persönlichkeitsstörung, Depressionen und Anorexie (Essstörung).

An einen normalen Alltag ist kaum zu denken. Banale Dinge wie Einkaufen oder öffentliche Plätze besuchen, ist für mich oftmals kaum möglich! Meine Gedanken kreisen nur darum, was die Leute wohl über mich denken bzw. wie sie mich gewiss negativ beurteilen, wie ich denn aussehe usw. Ich fühle mich ständig unter Beobachtung. Mir ist die Meinung anderer Menschen enorm wichtig, was aber ein großer Fehler ist. Somit verbiegt man sich immer mehr und verliert sich selber aus den Augen.
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Worin siehst du die Ursache(n)?
Michael: Nun, die Ursachen liegen wie meist immer bei psychischen Krankheiten in der Kindheit. Ich bin in einem sehr konservativen Elternhaus aufgewachsen. Das Ansehen bei den Menschen in der Umgebung ist sehr wichtig, dementsprechende kann man sich vortstellen, dass ein schwuler Sohn nicht gerade in dieses idyllische Bild passt.

Ich möchte jetzt nicht jede Einzelheit aufzählen, dies möchte ich der Leserschaft keinesfalls antun. Zusammengefasst spielen die Themen "Emotionaler Missbrauch", "Unterdrückung", "hohe Anforderung keine Anerkennung" und eben vor allem meine "Homosexualität" eine prägende Rolle.

Da ich mit 16 Jahren mein Outing hatte, begannen von da an die Probleme, sei es in der Familie oder mit der Umwelt. Nach und nach drängten sich auch Probleme in den Vordergrund, von welchen ich dachte, diese seien normal, was aber nicht der Fall war/ist.

Was war für dich der bisherige absolute Tiefpunkt in deinem Leben?
Michael: Es ist schwierig, einen absoluten Tiefpunkt zu nennen, einige Male stand ich bereits mit einem Bein im Abgrund. Doch der prägenste war wohl ein Selbstmordversuch, worauf ich anschließend in eine Klinik gegangen und dort vier Monate stationär gewesen bin.

Wie bist du aus diesem Loch wieder herausgekommen?
Michael: Wie in der vorherigen Frage schon erwähnt, war die Klinik mein Rettungsanker! Ich streubte mich selber lange Zeit davor, hatte enorme Ängste. Doch der Selbstmordversuch war mir klar: "Ohne professionelle Hilfe wirst du untergehen." Gesagt, getan. Meine Aufnahmegespräch verlief bereits sehr gut, ich fühlte mich angenommen und verstanden. Nach dem Gespräch wurde mich gesagt, dass ich gut auf die Station passen würde, aufgrund meiner Problematik. Als ich die Station verließ kamen mir die Tränen. Ich spürte, hier kann mir geholfen werden, es gibt einen Ausweg!

Der Klinikaufenthalt war für mich die intensivste Erfahrung, welche ich bisher gemacht habe. Anfangs tat ich mich sehr schwer, konnte mich kaum einfügen, hatte große Ängste vor den anderen Patienten, was sie wohl über mich denken würden, was ich mit ihnen reden solle. Erst nach fünf bis sechs Wochen kam ich langsam an, ich gewann Vertrauen in meine Mitpatienten und dem Team. Als diese Hürde geschafft war, begann die eigentliche Therapie.

Das Therapieangebot hatte ein weites Spektrum: Ergo-, Musik- und Sporttherapie, Gruppengespräche und Einzelsitzunge  bei seinem Therapeuten, sowie Gespräche mit dem Pflegeteam. Nachdem ich die Sicherheit gewann, begannen die Therapien nach und nach zu wirken. Das Selbstvertrauen stieg, man lernte seine Fähigkeiten kennen und diese zu schätzen.

Als die 16 Wochen zu Ende gingen, war ich beinahe wie ausgewechselt. Ich fühlte mich stark, Herausforderungen zu meistern, hatte Selbstbewusstsein und aktzeptierte mich selber!
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Du reflektierst das alles sehr gut, aber woran scheiterst du, dass du deine Erkrankungen nicht in den Griff kriegst trotz aller Hilfestellungen?
Michael: In den Monaten nach der Entlassung ist viel in meinem Leben geschehen, sowohl positiv als auch negativ. Ich zog nach München, begann eine Ausbildung, lernte jemanden kennen und lieben. Es schien alles bestens zu laufen. Doch hielt all dies nicht lange an, es ging rapide Bergab. Auf der Arbeit bin ich zusammengebrochen, worauf ich diese Ausbildung abbrechen musste. "Borderliner", wie man sie auch nennt, laufen häufig Gefahr, in eine emotionale Abhängigkeit zu geraten! Meine neue Liebe entpuppte sich als eine solche, es gab einige unschöne Szenarien. Bis heute bin ich von dieser Person emotional abhängig und schaffe es nicht, mich von ihr zu lösen, im Gegenteil. Die emotionale Abhängigkeit resultiert aus der Angst vor dem Alleinsein. Man sucht sich die Liebe und Anerkennung in einer anderen Person, welche einem in der Kindheit nicht gegeben wurde. Es dreht sich beinahe alles um diese Abhängigkeit. Ich habe mich dadurch wieder selber verloren, mein Selbstbewusstsein ist kaum mehr vorhanden.

Zudem hat sich herauskristallisiert, dass ich selber große Schwierigkeiten mit meiner Homosexualität habe. Ich kann mich nicht so annehmen, wie ich bin obwohl ich zuerst dachte, ich sei bei mir selbst angekommen. Als ich aus der Klinik kam, hatte ich enormes Glück, sofort einen Therapeuten zu bekommen. Zwei mal in der Woche habe ich meine Sitzungen. Anders als in der Klinik, welche auf Verhaltenstherapie aufgebaut war, mache ich nun eine psychoanalytische Therapie. Dies beschäftigt sich mit allen Einzelheiten, insbesondere der Kindheit und den Eltern.

Diese Therapie zeigt mir erst auf, welche Muster ich mein ganzes Leben angewandt habe und wie schädlich diese für mich sind! Diese wurden mir von meinen Eltern mitgegeben. Es wäre falsch zu sagen, meine Eltern sind daran schuld. Indirekt ja, doch haben sie nur dies weitergegeben, was sie selber in ihrer Kindheit gelernt haben.

Auf Seite 2 erzählt uns Michael, wie er sich sein Leben in 10 Jahren vorstellt und was ihm seine Familie bedeutet. Weiter»
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