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dbna'ler des Monats

dbna'ler des Monats – April

Von DBNA Team
dbna'ler des Monats – April
dbna, mattjeacock-istockphoto.com

dbna'ler des Monats April ist Eric. Er ist 20 und kommt aus Frankfurt am Main. dbna hat ihm einige Fragen gestellt...

War Dein Coming-out mit negativen Ereignissen verbunden?
Micha: Mein "erstes" Coming-Out war nicht mit negativen Ereignissen verbunden. Dort haben meine damalige beste Freundin und ich es einfach in der Schule herumposaunt. Aber das Coming-Out vor meinen Eltern war im ersten Moment sehr unangenehm.
Mein Ex und ich schliefen gerade, weil wir erst am Morgen vom Feiern zurück gekommen waren. Ich bedachte aber nicht, dass meine Ma ja gegen Nachmittag von der Arbeit zurückkehren würde. Als wir aufgewacht sind, stand meine Zimmertür offen. Dies war ein unmissverständliches Indiz dafür, dass meine Mutter uns wohl dort zusammen hat liegen sehen (angezogen etc. natürlich, wir schliefen ja nur). Ihr war dann wohl klar, dass wir nicht nur aneinander gekuschelt aufm Bett lagen, weil wir "so gute Freunde" waren. Sie meinte später, sie habe es eh schon seit einer Weile gewusst.

Mein Vater, der nicht bei uns wohnte, hat das zum Glück nicht so erfahren. Er kam einfach irgendwann zu mir und wollte mit mir "über etwas" reden. Da war mir klar, dass es ihm klar war. Wir redeten darüber und gut war. Es war so stressig, mein Schwulsein vor Ihnen geheim zu halten, weil sie beide aus Polen stammen (dementsprechend war ich etwas voreingenommen, wegen ihrer streng katholischen und konservativen Erziehung), aber war umso erfreuter, dass sie es letzten Endes so tolerant akzeptiert haben.
dbna
Was war bisher die peinlichste Situation, die du selbst durchlebt hast?
Micha: Och, da gibt es so einige. Aber das peinlichste Erlebnis wird wohl Folgendes sein. In meiner "Anfangsphase" vermutete ich, wie bestimmt fast jeder homosexueller Jugendlicher, dass jeder existierende männliche Jugendliche, eigentlich fast jedes männliches Wesen, schwul sein MUSS, auf welche Art und Weise auch immer. Es dauert eben eine gewisse Weile bis sich das "Gaydar" komplett entwickelt.

Jedenfalls verknallte ich mich in einen Jungen, der zwei Schuljahre über mir war. Auch wenn sich das in der Vergangenheit als nicht erfolgreich herausstellte, schrieb ich ihm trotzdem einen Liebesbrief, obwohl ich wusste, dass er hetero ist. Diesen las er sich damals durch und... zeigte ihn ALLEN seinen Kumpels. Das war mir so peinlich. Beim Vorbeigehen zitierten sie dann meist Stellen aus meinem Brief und machten sich darüber lustig. War jetzt vielleicht auch nicht grade korrekt von ihm und seinen Freunden, aber ich meine, er selbst war gerade 16 und ich nehme es ihm nicht übel, dass er damit nicht erwachsen umgegangen ist.

Im Endeffekt gab es doch noch ein Happy End, denn dadurch lernte ich, nicht Jedem sofort einen Liebesbrief zu schreiben und letztens hat er sich sogar für sein Verhalten entschuldigt. Peinlich ist es aber so oder so geblieben

Was ist deiner Meinung nach deine größte Begabung?
Micha: Ganz klar meine Empathie, also die Fähigkeit, Gedanken, Emotionen und Absichten des Gegenübers nachzuempfinden.

Was hältst Du von der Szene?
Micha: Gar nichts, leider. Ich werde wohl nie verstehen, wie eine Szene so sehr aus gesellschaftlichen Zwängen bestehen kann, in der Menschen versuchen frei zu sein. Sie ist, meines Erachtens, sehr auf Oberflächlichkeiten, Heuchelei und Fleischeslust gestützt. Viele verstellen sich so sehr, um dazu zu gehören und sich "frei" zu fühlen, dass ihnen gar nicht mehr auffällt, wie eingeschränkt sie leben.

Die Gesellschaft an sich schränkt uns doch schon genug ein, warum sich also auch noch freiwillig einschränken? Außerdem ist es sehr schwer, sich zu integrieren, wenn man, auch wenn nicht sonderlich, unkonventionelle Werte vertritt. Das sollte wirklich nicht sein. Natürlich hat die Szene damals viel zur Homobewegung beigetragen und Leuten die Möglichkeit geboten, unter Gleichgesinnten zu sein, aber heutzutage liegt der Fokus leider auf ganz anderen Zielen und das ist recht schade.
dbna
Was ist für dich das "perfekte" schwule Leben?
Micha: So sein zu dürfen, wie man ist und Andere so zu akzeptieren, wie sie sind. Viele streben nach Anerkennung und Akzeptanz, bemerken aber gar nicht, dass sie selbst intolerant bis zum Geht-nicht-mehr sind. Und bevor man Anerkennung von Anderen erwartet, sollte man lernen, sich selbst Anerkennung zu schenken. Dann müssten viele Homosexuelle nicht irgendwelche Werte nach außen tragen, die sie über die Medien mitkriegen z.B. immer aufgedreht sein, Glitzersachen und Mädchenserien toll finden, näseln oder die Handgelenke abknicken. Sein eigenes Leben leben und sich nicht jedes Klischee aneignen. Des Weiteren wäre das "schwule" Leben wesentlich einfacher ohne Heteronormativität und Homophobie, aber das hat die Gesellschaft ja gerne schnell verlernt. Wäre ja auch viel zu langweilig in solch einer Harmonie zu leben.

Warst du jemals in einer Beziehung untreu?
Micha: Ja, das hat mir aber nicht gefallen. Ich bin ein Mensch, der Fehler auch erst einmal selbst machen muss, um zu sehen, ob es wirklich Fehler sind oder nicht. Leider war es tatsächlich ein Fehler gewesen, aber immerhin die schlechte Erfahrung wert. Außerdem war das schlechte Gewissen für mich unerträglich, somit wusste ich, dass ich nie ein Freund von Polygamie werde.

Welche Werte vertrittst Du offen nach außen?
Micha: Puh, ich werde versuchen diese Frage zu beantworten, ohne arrogant herüber zu kommen, da Bescheidenheit offen gesagt kein Wert ist, den ich nach außen vertrete, denn man sollte, meiner Meinung nach, zu seinen Stärken genauso stehen, wie zu seinen Schwächen.
Werte, die ich nach außen vertrete sind Ehrlichkeit, Offenheit und Unkonventionalität.
dbna
Wie stehst Du zu einer offenen Beziehung?
Micha: Ich habe einmal eine offene Beziehung geführt, die jedoch für Beide sehr unbefriedigend war, wo wir wieder beim Thema Monogamie wären. Für mich ist eine offene Beziehung, wie Schluss machen auf Raten.

Ergänze den Satz: "Religion bedeutet mir..."
Micha: ...so einiges. An eine "höhere Macht" habe ich schon immer geglaubt. Es ist lediglich so, dass ich nicht an Gotteshäuser glaube. Ich glaube überall. Zum Glauben brauche ich kein bestimmtes Gotteshaus. Welcher Religion ich angehöre, ist schwer zu sagen. Bezogen auf die "bestehenden" Religionen, bin ich Agnostiker. Ansonsten finde ich in jeder Religion etwas, woran ich glaube.

Ergänze den Satz: "Familie bedeutet mir..."
Micha: ...sehr viel. Dabei denke ich aber weniger an Blutsverwandte als an die engste Familie (Mutter, Vater, Schwester) und "Seelenverwandte", die mit mir dieselben Ansichten teilen, immer für mich da sind und sich um mich sorgen. Solche Leute sind "Familie" nicht Menschen, deren einzige Gemeinsamkeit mit mir "dasselbe Blut" oder dieselbe DNA sind.
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